Schleuserbekämpfung im Mittelmeer ist der Auftrag der EU-Mission „Sophia“, doch in der Praxis wurden vor allem Bootsflüchtlinge gerettet. Da diese immer nach Italien gebracht wurden, fordert Rom schon lange eine Regeländerung. Da kommt die Nachricht aus Berlin, kein weiteres Schiff zu schicken, gerade recht.

Rom - Die überraschende Entscheidung Deutschlands, sich aus dem EU-Einsatz „Sophia“ vor der libyschen Küste im Mittelmeer teilweise zurückzuziehen, ist in Italien auf Zustimmung gestoßen. „Seit sechs Monaten fordern wir, dass die Regeln der Mission Sophia geändert werden“, sagte Italiens Innenminister Matteo Salvini. Aus gutem Willen hätte die Regierung aus der Fünf-Sterne-Bewegung und der Lega im vergangenen Jahr noch gegen die Interessen Italiens einer Verlängerung der EU-Mission zugestimmt. „Aber in Europa haben sie immer nur ,Nein’ zu uns gesagt. Wenn nun jemand abspringt, dann ist das für uns kein Problem.“ Entweder es änderten sich die Regeln, oder die Mission werde beendet, so Salvini.

 

Im Zuge der Mission „Sophia“ wurden auch schiffbrüchige Migranten gerettet – die laut Mandat nach Italien gebracht wurden. Allein auf diesem Wege seien zwischen Juli 2015 und Ende vergangenen Jahres 43 327 Migranten ins Land gekommen, so Salvini: „Sagt mir, worin der Vorteil dieser Mission für Italien liegt.“ Die italienische Regierung fordert eine EU-weite Verteilung der von den Soldaten der Mission geretteten Migranten. Salvinis Koalitionspartner, der Chef der Fünf-Sterne-Bewegung Luigi Di Maio, sagte dazu: „Die Mission Sophia muss weitergehen, aber nur, wenn die anderen Staaten ihre Häfen öffnen. Fangen wir doch damit an, die Migranten nach Marseille zu bringen.“ Auf dem Blog der Fünf-Sterne-Bewegung, dem offiziellen Sprachrohr der Regierungspartei, war am Mittwoch zu lesen: „Deutschland unterstreicht das Scheitern der EU.“

Italienische Häfen offiziell nie „geschlossen“

Laut Medienberichten soll die harte Haltung Italiens, wenn es um die Aufnahme von Bootsflüchtlingen geht, ein Grund für die Entscheidung in Berlin gewesen sein. Seit dem Regierungsantritt der rechten Lega und der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung ist es immer wieder zu Unklarheiten und Streitigkeiten gekommen, wo die auf dem Meer Gerettete an Land gehen dürfen. Innenminister Matteo Salvini wird nicht müde, zur erklären, die italienischen Häfen seien „geschlossen“. Vor allem Schiffe privater Seenotretter erhalten schon seit Monaten keine Erlaubnis mehr, in italienische Häfen einzufahren. Und das, obwohl eine offizielle Anweisung von Seiten der Regierung dazu gar nicht vorliegt. Für die Schließung der Häfen ist außerdem nicht Innenminister Salvini zuständig, sondern Transportminister Danilo Toninelli von der Fünf-Sterne-Bewegung. Der hat bis heute keinen formalen Akt dazu erlassen, macht zu dem Thema wenige bis gar keine Ansagen und überlässt das Feld Salvini.

Derweil wird in Italien Schritt für Schritt das Sicherheitsdekret des Innenministers in die Tat umgesetzt. Die teilweise Räumung einer Flüchtlingsunterkunft in Castelnuovo di Porto nördlich von Rom wird heftig in der Öffentlichkeit diskutiert. Man räume die großen Lager und bringe die Menschen in kleinere, die besser verwaltete werden könnten, so die Aussage der Regierung. Aber vor allem Migranten mit humanitärem Schutz wissen oft nicht, wie es nun mit ihnen weitergeht. Sie landen wohl auf der Straße, denn nach dem neuen Gesetz haben sie keinen Anspruch mehr auf einen Platz in einer Asylunterkunft. Auch die medizinische Versorgung und der Schulbesuch ist für sie nicht mehr gewährleistet.

Mehr Migranten nach Spanien

Auch wenn es Innenminister Salvini gerne anders darstellt: Es versuchen noch immer Tausende von Menschen, von der nordafrikanischen Küste nach Europa zu gelangen. In diesem Jahr sind bereits 4883 Migranten über das Mittelmeer nach Europa gekommen, davon allerdings nur 155 nach Italien. Spanien zählte im Januar hingegen bereits 3.429 Ankünfte über das Meer und auch nach Griechenland sind auf diesem Weg in den ersten 20 Tagen des neuen Jahres schon 1.166 Menschen gekommen. Die Internationale Organisation für Migration meldet in diesem Zeitraum außerdem bereits 203 Tote.

Richtig ist die Aussage Salvinis, dass sich die Zahl der Ankünfte in Italien drastisch verringert hat. 2018 sind hier nur noch 23.370 Menschen angekommen. 2017 waren es noch 119.369. Dafür hat sich die Zahl der Ankünfte in Spanien mehr als verdoppelt: Von 28.707 Menschen im Jahr 2017 auf 65.325 im vergangenen Jahr.