Die österreichische Band Bilderbuch wirbt mit einem „EU-Passport“ für ihr neues Album und trifft mit der Aktion den richtigen Nerv. Prominente, wie Jan Böhmermann oder Bundesjustizministerin Katharina Barley unterstützen die Aktion.

Digital Desk: Ann-Kathrin Schröppel (aks)

Stuttgart - Be part of the European family“ – mit diesem Aufruf wirbt die österreichische Art-Pop-Band Bilderbuch für ihren „EU-Passport“. Der Ausweis symbolisiert ein offenes Europa, ohne jegliche Ländergrenzen, ist aber lediglich eine fein ausgedachte Werbeaktion der Band. Er ist mitnichten von offizieller Stelle abgesegnet und besitzt daher keinerlei Gültigkeit als amtliches Reise- oder Ausweispapier.

 

Einheitsgedanke fruchtet

Der dahinterstehende europäische Einheitsgedanke trifft in der Öffentlichkeit auf fruchtbaren Boden: Prominente wie der Moderator Jan Böhmermann, der Rapper Dendemann oder die Autorin Sophie Passmann haben sich bereits ein solches Dokument ausstellen lassen. Unter dem Hashtag #europa22 finden sich auf Twitter viele weitere Europässe, die sich die Nutzer online auf der Seite www.bilderbucheuropa.love ausstellen ließen. Dazu wird lediglich ein persönliches Passfoto benötig. Die Nationalität des Besitzers wird als „europäisch“ ausgewiesen, das Dokument ist der Angabe nach unbegrenzt gültig. Eine wunderbare Vorstellung, wenn der „EU-Passport“ nur Realität wäre.

Die vier Bilderbuch-Musiker nutzen die Aufmerksamkeit im Zuge der anstehenden Europawahlen vom 23. bis zum 26. Mai mit der Promo-Aktion geschickt aus. Auf ihrem, am Freitag erscheinenden sechsten Album „Vernissage my Heart“ findet sich unter den acht neuen Songs auch ein Lied mit dem Titel „Europa 22“. Darin besingt der Bilderbuch-Frontmann Maurice Ernst (30) ein offenes Europa: „Ein Leben ohne Grenzen. Eine Freedom zu verschenken.“ Ernst beschreibt in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur seine Sicht auf Europa folgendermaßen: „Ich bin schon ein verdammt stolzer Europäer. Es nervt mich, dass viele Europa nicht genügend wertschätzen“.

Politiker veröffentlichen Europapässe

Neben den genannten Prominenten haben deutsche Politiker den Europapass für sich entdeckt. Bundesjustizministerin Katharina Barley veröffentlichte ihr Dokumente im Internet. Die SPD hat sie zu ihrer Spitzenkandidatin für die Europawahlen im Mai erklärt. Andere Parteikollegen wie Martin Schulz und Heiko Maas folgten. Schulz kommentierte seinen Pass mit den Worten: „Dafür, dass es diesen schönen Pass eines Tages wirklich geben wird, kämpft die SPD seit 1925.“ Bei so viel öffentlicher Unterstützung bleibt die Frage, ob wirklich alle Politiker den ursprünglichen Werbecharakter des „EU-Passports“ verinnerlicht haben. Möglicherweise hat sich der dahinter stehende Gedanke verselbstständigt und passt einfach nur gut zur anstehenden politischen Agenda in Sachen Europawahl. Sicherlich wäre ein echter „EU-Passport“ ein ultimativer Einheitsbeweis der Europäischen Union – er bleibt aber vorerst ein Fantasiegedanke.

Bilderbuch erreicht mit der geglückten PR-Aktion eine gesteigerte öffentliche Aufmerksamkeit. Außer der besungenen Europaliebe klingt das Bilderbuchalbum auch sonst nach Unbeschwertheit und Freiheit. In „Mr. Supercool“ ist von Sonne und Heirat auf Santorin die Rede, untermalt von verträumten Synthesizerklängen. „LED go“ berichtet mit Zeilen wie „Brauch’ keine Information, höchstens etwas Lotion“ oder „Fünftausend Likes, aber nie so cool wie Mike“ über die Abkehr von den sozialen Medien. Die Band hat seit ihrer Gründung 2005 im oberösterreichischen Kremsmünster eine Wandlung von Indie-Rock und Progressiv Rock hin zu weicheren R’n’B- und Art-Pop-Einflüssen vollzogen.