Google, Facebook und Co. gehören zu den weltweit erfolgreichsten Firmen. Es wäre nur fair, wenn sie in Zukunft an die Urheber, die mit ihrer Arbeit Geld für ihren Lebensunterhalt verdienen müssen, bezahlen müssen, meint unser Redakteur Markus Grabitz.

Korrespondenten: Markus Grabitz (mgr)

Brüssel - Das Internet ist Fluch und Segen für alle Kreativen. Musiker, Journalisten und Künstler können mit einem Schlag weltweit bekannt werden. Es besteht aber beim Urheberrecht ein rechtsfreier Raum. Es droht nämlich die Enteignung. Mächtige Spieler der digitalen Plattformen können tun, was auf anderen Märkten undenkbar wäre: Sie können die Früchte geistiger Arbeit – also Rhythmen, Artikel, Videos – kapern und sie für kommerzielle Zwecke missbrauchen. Youtube verdient Milliarden mit der Werbung, die die Google-Tochter zwischen jedem Song eines gefragten Interpreten schaltet. Google greift Daten ab und verkauft Werbung im großen Stil, indem Artikel aus Tages- und Wochenzeitungen, von national verbreiteten und regionalen Blättern für lau zur Verfügung gestellt wurden. Die Urheber, Künstler, Verleger, Journalisten, die mit ihrer Arbeit Geld für ihren Lebensunterhalt verdienen müssen, gehen dabei leer aus oder werden mit einem Almosen abgespeist.

 

Google, Facebook und Co. verdienen Milliarden

Es wäre ein Durchbruch, wenn es der EU gelänge, dem Internet die Züge des Wilden Westens auszutreiben. Es träfe nicht gerade die wirtschaftlich Schwachen, wenn die digitalen Plattformen Verlagen, Journalisten und Kreativen etwas von ihren Riesengewinnen abgeben müssten. Google, Facebook und Co. gehören zu den Firmen weltweit, die am meisten wert sind. Für die Verlage geht es dagegen um die Existenz. Sicher haben auch Zeitungen Fehler gemacht. Indem sie etwa zu spät erkannt haben, welch umwälzende Wirkung das Internet auf ihre Geschäftsmodelle haben wird. Dies ändert aber nichts daran, dass ein Grund für den Leser- und Anzeigenschwund die Gratiskultur im Netz ist. Warum eine Zeitung kaufen, wenn es die Artikel im Netz unentgeltlich gibt? Das muss sich ändern, wenn es in Europa noch Medien geben soll, die Vorgänge in Politik, Wirtschaft und Sport professionell beobachten und Missstände benennen.

Die EU kann viel bewirken

Mit der Urheberrechtsreform stellt Europa unter Beweis, wie viel der Alte Kontinent bewirken kann, wenn er zusammenhält: Er kann die größten Konzerne der Welt zur Rechenschaft ziehen und Standards setzen, die es nirgendwo sonst gibt. Noch ist der Erfolg aber nicht sicher. Seitdem Günther Oettinger, damals noch als Digitalkommissar, die einschneidenden Änderungen vorschlug, läuft eine beispiellose Anti-Kampagne. Die Verfechter einer Gratis-Kultur im Internet sind sich bis heute nicht zu schade, sich dabei plumper Lügen zu bedienen. Zunächst war die Rede davon, dass das Verlinken von Texten verboten werden solle. Dann hieß es, die EU plane eine Linksteuer. Am beständigsten wird das Horrorgemälde gepinselt, es drohe Zensur im Internet. Nichts davon ist wahr. Tatsache ist, dass die Software, die den unbefugten Zugriff auf Inhalte regelt, seit zehn Jahren im Internet im Einsatz ist.

Noch ist nichts entschieden

Ungeachtet der Tatsachen läuft die Kampagne gegen die Reform weiter. Schon trommeln die Gegner für Großdemonstrationen. Nachdem sich die Verhandlungsführer von Parlament und Rat geeinigt haben, dürfte eigentlich nichts mehr anbrennen. Doch es ist nicht ausgeschlossen, dass bei der letzten Abstimmung, die in den nächsten Wochen stattfinden soll, das Parlament doch noch umkippt und Nein sagt. Es wäre der Triumph für milliardenschwere Konzerne, denen es nur um die Sicherung der Profite geht. Die Anhänger der Netzgemeinde, die gegen die angeblich drohende Zensur im Internet protestieren, sollten sich fragen, ob diese Unternehmen ihre Schützenhilfe wirklich verdienen. Die Weste von Google, Apple und Co. ist alles andere als blütenweiß. Schließlich werden sie immer wieder dabei erwischt, dass sie ihre Pflichten zum Steuerzahlen und zum Schutz der Daten der Nutzer nicht so ernst nehmen.

markus.grabitz@stzn.de