Dutzende Forscherteams weltweit suchen ein Mittel für den rettenden Pieks gegen die Corona-Pandemie. Aber wer bekommt den Schutz zuerst und zu welchem Preis?

Brüssel/Berlin - Schnellstmöglich ein Corona-Impfstoff für alle: In einem weltweiten Kraftakt sollen am Montag 7,5 Milliarden Euro für die Entwicklung von Mitteln gegen das tödliche Virus gesammelt werden, die dann alle Länder zu fairen Preisen bekommen sollen. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte vor einer Online-Geberkonferenz in Brüssel einen „deutlichen finanziellen Beitrag“ aus Deutschland zu. Nach Informationen der dpa geht es um einen dreistelligen Millionenbetrag.

 

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hatte Mitte April eine Online-Geberkonferenz für den 4. Mai einberufen, bei der Staats- und Regierungschefs und Organisationen aus aller Welt Spenden zusagen können. Das Geld soll den weltweiten Wettlauf zu einem Impfstoff, zu wirksamen Arzneien und Tests gegen das Coronavirus beschleunigen und sicherstellen, dass anschließend alle Menschen rasch und preiswert Zugang bekommen. Auch Papst Franziskus stellte sich am Sonntag hinter die Ziele der Konferenz. Während es bereits erste Ansätze für Medikamente gibt, erwarten viele Forscher einen sicheren Impfstoff im großen Maßstab erst für nächstes Jahr.

Allein für die Entwicklung des Impfstoffs fehlten geschätzt acht Milliarden Euro, sagte Merkel in ihrem wöchentlichen Podcast. Auch die EU-Kommission ist sicher, dass das Spendenziel von 7,5 Milliarden Euro nur der Anfang sein kann. Vor allem die Produktion von Milliarden von Impfstoff-Dosen wird sehr teuer und könnte arme Länder überfordern.

Bisher keine Zusage der USA

Merkel sagte: „Deutschland stellt sich dieser Verantwortung, und deshalb werden wir auch dafür Sorge tragen, dass ein Impfstoff allen Menschen zugutekommt, wenn er einmal entwickelt wurde, und auch die Medikamente, die notwendig sind, und die Diagnosemöglichkeiten möglichst vielen zugutekommen.“ Diesem Ziel sollen sich aus Sicht der Organisatoren alle Teilnehmer der Geberkonferenz verpflichten.

Merkel begrüßte, dass ein großes Bündnis aus Regierungen und privaten Stiftungen zusammenarbeiten werde. Mit an Bord für die „Coronavirus-Krisenreaktion“ genannte Konferenz sind unter anderen die Weltgesundheitsorganisation WHO, die Weltbank und das G20-Vorsitzland Saudi-Arabien, aber auch die private Bill and Melinda Gates Foundation, die Koalition für Innovationen in der Epidemievorsorge Cepi und die Globale Allianz für Impfstoffe und Immunisierung Gavi.

Keine Zusage gab es bis Sonntag von den USA. Man habe gute Gespräche mit dem Weißen Haus und dränge die US-Regierung, sich an der globalen Initiative zu beteiligen, erklärte die EU-Kommission.

Die Entwicklungsorganisation ONE warnte vor den Folgen, die eine weltweit zeitversetzte Einführung eines Covid-19-Impfstoffes hätte. „Leider haben Entwicklungsländer in der Regel erst sieben Jahre später Zugang zu neu entwickelten Impfstoffen und Medikamenten“, erklärte Deutschland-Direktor Stephan Exo-Kreischer. Das würde eine effektive Bekämpfung der Covid-19-Pandemie unmöglich machen.

Deutschland solle einem „Patentpool“ beitreten und andere Staaten dazu auffordern, dies auch zu tun, forderte Exo-Kreischer. Dieser Pool würde es demnach Entwicklern und Generikaherstellern ermöglichen, große Mengen von Covid-19-Medikamenten und Impfstoffen zum erschwinglichen Preis herzustellen. Die Hilfs- und Menschenrechtsorganisation medico international äußerte sich ähnlich.

In einer Notsituation soll es schneller gehen

Der Verband forschender Arzneimittelhersteller betonte, die Branche sei wissenschaftlich und finanziell imstande, die Entwicklung von Impfstoffen und Arzneien zu stemmen. In der Notsituation einer Pandemie müsse es aber schneller gehen als sonst, erklärte vfa-Präsident Han Steutel. Es sei wie bei einem Ruderrennen: „Auch der Zweier kommt ins Ziel, sogar schnell. Aber der Achter ist schneller. Und jetzt brauchen wir den Achter.“

Merkel, der französische Präsident Emmanuel Macron, Italiens Regierungschef Giuseppe Conte, die norwegische Ministerpräsidentin Erna Solberg, EU-Ratschef Charles Michel und von der Leyen hatten am Samstag mit einem gemeinsamen Gastbeitrag in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ für die Geberkonferenz geworben. Die Entwicklung eines Impfstoffs für alle werde ein „einzigartiges globales öffentliches Gut des 21. Jahrhunderts“ und „die Aufgabe unserer Generation“, heißt es darin.

Bundesforschungsministerin Anja Karliczek sagte der Funke Mediengruppe: „Niemand sollte denken, dass nationale Alleingänge erfolgreich sein werden.“ Wohlhabendere Weltregionen hätten eine moralische Verpflichtung zu helfen. Und sie profitierten davon, wenn die Pandemie auf allen Kontinenten zurückgedrängt werde.