Die EU hat das Brexit-Vertragspaket gebilligt. Der Austritt Großbritanniens wird gravierende Folgen haben, kommentiert der Brüssel-Korrespondent Markus Grabitz. Doch er sieht auch eine positive Wirkung.

Korrespondenten: Markus Grabitz (mgr)

Brüssel - An dem Tag, an dem die Staats- und Regierungschefs das Ende der EU der 28 und nach 45 Jahren den Ausstieg Großbritanniens besiegeln, passt die Stimmung zu den Ereignissen. Es ist ein düsterer, ungemütlicher Tag in Brüssel. Es wird nicht mehr debattiert, es wird nur noch das Unvermeidliche vollzogen. Die Dokumente, die den Auszug Großbritanniens aus der EU festklopfen, werden von den Staats- und Regierungschefs innerhalb weniger Minuten angenommen. Das kommt nicht oft vor. Und kein einziger der anwesenden führenden Politiker Europas – keiner aus den 27 Mitgliedstaaten der künftigen EU und schon gar nicht die Regierungschefin des Landes, das geht – kann zufrieden sein mit diesem Schritt. Alle wissen: Es wird keine Gewinner geben.

 

Zweieinhalb Jahre nachdem im Morgengrauen eines wunderschönen Frühlingstags des Jahres 2016 das niederschmetternde Ergebnis der Volksabstimmung zum Brexit im Brüsseler Europaviertel durchsickerte, erscheint wohl auch den meisten Briten ihre Entscheidung gegen die EU damals als ein Irrtum. Allen in Europa und den meisten auf der Insel ist bewusst: Die knappe Mehrheit in der Abstimmung 2016 wird fatale Folgen für den Wohlstand vieler Menschen und Unternehmen haben.

Die Brexiteers hätten heute keine Mehrheit mehr

Sie wird die Entwicklungsmöglichkeiten von Forschern und Wissenschaftlern bremsen und vielen in der jungen Generation im Vereinigten Königreich große Schmerzen bereiten, die sich als Europäer fühlen und Hoffnung in die weitere Kooperation mit der EU setzten. Immer deutlicher wird, dass die Brexit-Entscheidung von 2016 als eine Panne des demokratischen Meinungsbildungsprozesses in die Geschichtsbücher eingehen wird. Heute, da sich die Folgen abzeichnen, hätten die Brexiteers wohl keine Mehrheit mehr.

In den Händen der britischen Abgeordneten liegt es nun zu entscheiden, ob der Brexit-Vertrag vom britischen Souverän angenommen wird. Niemand kann voraussagen, was passiert. Setzt sich britische Borniertheit durch? Oder behält am Ende die Vernunft die Oberhand und damit die Einsicht, dass es besser ist, den Bürgern im Vereinigten Königreich das Chaos eines ungeregelten Brexits zu ersparen?

Ansteckende Wirkung bleibt aus

So traurig dieser Novembertag der Trennung ist: Aus EU-Sicht ist die Lage immer noch deutlich besser als an jenem Frühlingstag nach dem Brexit-Referendum. Anders als vielfach befürchtet hat der Austrittswunsch der Briten keine ansteckende Wirkung im Rest der EU gehabt. Im Gegenteil, die Zustimmung zur EU ist in den allermeisten Mitgliedstaaten gewachsen. Hinzu kommt: Während der Verhandlungen haben sich die 27 EU-Mitgliedstaaten einig gezeigt und an einem Strang gezogen. Es bleibt zu hoffen, dass dieses Bedürfnis nach Einigkeit auch andere Politikbereiche erfasst, wo die Bevölkerung seit Jahren auf Erfolge wartet, etwa in der Migrationspolitik.