EU-Ratspräsident Donald Tusk will Entscheidung in der Flüchtlingsfrage. Es ist Zeit, den Dauerstreit um verpflichtende Flüchtlingsquoten zu beenden, kommentiert unser Autor Markus Grabitz.

Korrespondenten: Markus Grabitz (mgr)

Brüssel - Ist es wert, um des Prinzips willen den Bruch in der EU zu riskieren? EU-Ratspräsident Donald Tusk findet: nein. Er will daher den Konflikt der EU-Regierungschefs mit Polen, Tschechien und Ungarn in der Frage der Verteilung von Flüchtlingen abräumen und den Dauerstreit um verpflichtende Quoten beerdigen. Damit liegt der Pole richtig. Die halsstarrigen Mitteleuropäer haben seit dem Mehrheitsbeschluss der EU aus dem September 2015 hinreichend bewiesen, dass sie auf keinen Fall zur Aufnahme von Flüchtlingen bereit sind. Die EU hat dagegen ihr gesamtes Arsenal aufgeboten: Es gibt ein eindeutiges Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), den Verweigerern ist damit gedroht worden, dass sie künftig weniger Geld aus Brüssel bekommen. All das hat nichts gefruchtet.

 

Im Sommer müssen Entscheidungen gefällt werden – auch in Berlin

Jetzt ist es an der Zeit, die Fakten zur Kenntnis zu nehmen und Konsequenzen zu ziehen. Genau das hat Tusk versucht. Keine Frage: Die Haltung Polens, Ungarns und Tschechiens ist in hohem Maße ignorant, egoistisch und unsolidarisch. Doch die Gebote der Realpolitik verlangen es vom Rest der EU, sich den Tatsachen zu stellen und einen Ausweg zu suchen – auch in Berlin. Andernfalls läuft die Zeit davon. Im Sommer müssen Entscheidungen gefällt werden. Bei der Migration kann sich die EU keinen Stillstand leisten.