Das Verhalten der europäischen Regierungen in Sachen Telekompaket lässt an der Zukunftsfähigkeit der EU zweifeln. Doch das letzte Wort ist zum Glück noch nicht gesprochen, meint Christopher Ziedler.

Brüssel - In Podiumsdiskussionen und Reden, die nun überall zur Digitalisierung unserer Gesellschaft gehalten werden, klingt alles ganz einfach: Europa bläst zur Aufholjagd im IT-Sektor, weil es gegenüber den USA ordentlich ins Hintertreffen geraten ist. Ende des Jahres soll es ein einheitliches Datenschutzrecht geben, das Verhältnis von Urhebern und Nutzern digitaler Inhalte neu ausbalanciert werden. Für die schnelle Anbindung sorgt der EU-Investitionsfonds, der Breitbandkabel finanziert, damit noch der letzte Aussiedlerhof ein Start-Up-Unternehmen werden kann.

 

In der Realität gestaltet sich das Ganze zäher. So haben die EU-Regierungen am Mittwoch einen sehr schwachen Start für die erhoffte Aufholjagd hingelegt. Das sogenannten Telekompaket, in dem es eigentlich um die Abschaffung der Roaminggebühren bei Handytelefonaten im Ausland, Netzneutralität und neue Mobilfunkfrequenzen geht, gilt nämlich als notwendige Vorstufe für den digitalen Binnenmarkt. Und dass es nun hier schon klemmt, weckt Zweifel an der digitalen Zukunftsfähigkeit.

Südeuropäer blockieren ein schnelleres Aus für die Zusatzgebühren, auf Druck der Telekombranche, die Hochgeschwindigkeitsleitungen für zahlungskräftigere Kunden anbieten möchte, fällt das Bekenntnis zur Gleichheit im Netz, das auch kleinen Anbietern die Chance zum Aufstieg ermöglicht, zu vage aus. Und auf die von der EU-Kommission vorgeschlagene Harmonisierung von Auktionsterminen für mobile Breitbandfrequenzen, was den Aufbau grenzüberschreitender Netze ermöglichen würde, verzichten die Regierungen ganz.

Zum Glück ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Es wäre wünschenswert, das Endergebnis der nun beginnenden Verhandlungen läge näher an den Vorstellungen des Europaparlaments. Dessen Position etwa zur Netzneutralität ähnelt jener, welche die US-Regulierungsbehörde gerade vorgegeben hat. Mit der Position der EU-Staaten würde keine Aufholjagd eingeläutet, sondern der Rückstand noch größer.