Noch eine letzte Nachtsitzung, dann war das Paket geschnürt: Der Euro-Rettungsschirm für Griechenland wird eingeklappt - verbunden mit großen Hoffnungen für das Krisenland.

Luxemburg - Griechenland verlässt nach acht Krisenjahren das Euro-Rettungsprogramm und steht ab August finanziell wieder auf eigenen Beinen. Zum Abschluss erhält das hoch verschuldete Land noch einmal 15 Milliarden Euro an Krediten als Finanzpolster und Schuldenerleichterungen. Dafür verpflichtet es sich zur Fortsetzung des Spar- und Reformkurses. Das Paket vereinbarte die Eurogruppe in der Nacht zum Freitag in Luxemburg.

 

Die Beteiligten feierten diesen letzten großen Kraftakt. „Das ist kein banaler Moment“, sagte EU-Finanzkommissar Pierre Moscovici. „Das ist ein historischer Moment. Die griechische Krise ist heute Abend vorbei.“

Der griechische Finanzminister Euklid Tsakalotos betonte, die Regierung in Athen sei zufrieden mit der Vereinbarung. „Aber die Regierung vergisst nicht und wird niemals vergessen, was das griechische Volk in diesen acht Jahren durchmachen musste.“ Eurogruppen-Chef Mario Centeno meinte: „Es ist geschafft: Wir haben nach dieser langen und schwierigen Anpassung eine sanfte Landung hinbekommen.“

Scholz äußert sich nicht

Vor allem um die Schuldenerleichterungen war noch einmal stundenlang hart gerungen worden. Bundesfinanzminister Olaf Scholz fuhr dem Vernehmen nach einen strikten Kurs - der SPD-Politiker selbst äußerte sich in der Nacht nicht mehr offiziell. Am Ende wurde laut Abschlusserklärung vereinbart, den Beginn von Zins- und Rückzahlungen älterer Kredite um weitere zehn Jahre hinauszuschieben. Außerdem soll Griechenland wieder Zinsgewinne der Europartner gutgeschrieben bekommen, sofern es politische Zusagen einhält. 2032 soll geprüft werden, ob noch einmal Schuldenerleichterungen nötig sind.

Die letzte Tranche von 15 Milliarden Euro aus dem seit 2015 laufenden dritten Rettungsprogramms soll weitgehend in Reserve gehalten werden. 5,5 Milliarden davon gehen direkt auf ein separates Konto nur für den Schuldendienst, die übrigen 9,5 Milliarden sollen zum Aufbau eines Finanzpolsters dienen. Insgesamt werde Griechenland das Hilfsprogramm des Euro-Rettungsschirms ESM mit einem Puffer von 24,1 Milliarden Euro verlassen, heißt es in der Erklärung. Damit sei der Schuldendienst für 22 Monate in jedem Fall gesichert.

Dritte Rettungsprogramm läuft im August aus

Hauptziel des Manövers ist es, das Vertrauen von Anlegern zu stärken und dem Land ab August die Aufnahme bezahlbarer Kredite zu erleichtern. Moscovici nannte das Gesamtpaket glaubwürdig. Das dritte Rettungsprogramm im Umfang von bis zu 86 Milliarden Euro läuft regulär im August aus. Bisher erhielt das Land daraus vergünstigte Kredite von knapp 50 Milliarden Euro.

Anders als ursprünglich geplant und dem Bundestag zugesichert, beteiligt sich der Internationale Währungsfonds (IWF) an dem Programm nicht finanziell. Der Aufwand wäre für eine anvisierte Summe von 1,6 Milliarden Euro zu groß gewesen, hieß es. An früheren Krediten und an der Programmaufsicht ist der IWF aber beteiligt.

Griechenland war 2010 am Rand der Staatspleite und seitdem auf Unterstützung der europäischen Partner und des IWF angewiesen. Als Gegenleistung für vergünstigte Kredite in Höhe von knapp 274 Milliarden Euro musste das Land Sparprogramme und Strukturreformen auflegen. Nach Angaben der EU-Kommission wurden allein in den vergangenen drei Jahren 450 Einzelmaßnahmen durchgesetzt.

Die Eurogruppe würdigte ausdrücklich, dass Athen alle Vorgaben erfüllt habe. „Wir gratulieren den griechischen Behörden und dem griechischen Volk zum erfolgreichen Abschluss des ESM-Programms“, hieß es in der Erklärung.

Inzwischen verzeichnet Griechenland wieder Wirtschaftswachstum und Haushaltsüberschüsse. Doch ist immer noch jeder Fünfte arbeitslos, und die staatliche Verschuldung liegt bei etwa 180 Prozent der Wirtschaftsleistung.

Deutsch-französische Reformprogramm vorgestellt

Das jetzt vereinbarte Paket beruht auf der Annahme, dass Griechenland bis 2022 einen Primärüberschuss von 3,5 Prozent und danach bis 2060 jährlich 2,2 Prozent erreicht. Gemeint ist ein Haushaltsüberschuss ohne Berücksichtigung des Schuldendiensts. Die Umsetzung aller Vorgaben und Reformvorhaben soll alle drei Monate von der EU-Kommission überprüft werden.

Neben den Griechenland-Hilfen berieten Scholz und seine Kollegen am Donnerstag und am Freitagmorgen auch die geplanten Reformen der Eurozone und die Fortentwicklung der Bankenunion. Dabei stellten Scholz und sein französischer Kollege Bruno Le Maire das deutsch-französische Reformprogramm von Meseberg vor. Mehrere Teilnehmer sagten jedoch, dass vor allem über das geplante Budget für die Eurozone kein Konsens in Sicht sei. Beschlüsse dazu sollte es in Luxemburg ohnehin nicht geben. Die Debatte diente der Vorbereitung des EU-Gipfel in einer Woche in Brüssel.