Nach dem Kampfjet-Unfall in Mecklenburg-Vorpommern sind Übungsflüge der Luftwaffe über bewohntem Gebiet in die Kritik geraten. Ein Wrackteil schlug unweit eines Kindergartens ein. Die Linke fordert jetzt einen bundesweiten Stopp von Tiefflügen der Luftwaffe.

Berlin - Nach dem Kampfjet-Unfall in Mecklenburg-Vorpommern sind Übungsflüge der Luftwaffe über bewohntem Gebiet in die Kritik geraten. Die Linke forderte, alle Tiefflüge von Bundeswehrkampffliegern über dem gesamten Bundesgebiet unverzüglich zu stoppen. „Tiefflüge gefährden das Leben von den Piloten und von der Bevölkerung vor Ort“, sagte der Verteidigungsexperte der Linksfraktion im Bundestag, Tobias Pflüger, unserer Zeitung.

 

Das Unglück ereignete sich am Montag über der Mecklenburgischen Seenplatte, einem beliebten Tourismusgebiet. Zwei Eurofighter waren beim Luftkampftraining kollidiert und abgestürzt. Ein Wrackteil schlug nur etwa 40 Meter entfernt vom Spielplatz eines Kindergartens ein. „Das zeigt, wie leichtsinnig die Bundeswehrführung mit unser aller Leben umgeht“, kritisierte Pflüger. Warum müssten Tiefflüge über Touristenregionen wie der Müritz, die gerade jetzt ziemlich bevölkert seien, durchgeführt werden.

Im Training nähern sich die Kampfjets bis auf wenige Meter

Der 27-jährige Pilot des einen Flugzeugs kam ums Leben, er hatte etwa 400 Stunden Flugerfahrung. Der zweite Pilot ist Fluglehrer und hat mehr als 3700 Flugstunden absolviert. Er wurde mit nicht lebensgefährlichen Verletzungen aus einem Baum geborgen. Die Ermittlungen zu der Unfallursache dauern an, mit einem Ergebnis ist dem Luftfahrtamt der Bundeswehr zufolge erst in Tagen oder Wochen zu rechnen.

Die Jets verfolgten im Rahmen des Trainingsszenarios einen dritten Jet, der nicht in den Unfall verwickelt wurde. Bei solchen Übungsflügen kommen die Kampfjets bis auf wenige Meter aneinander heran. Der Luftraum wird währenddessen dann gesperrt und darf von Unbeteiligten nicht durchflogen werden.

Grüne: Zahl der Übungsflüge über Deutschland hat abgenommen

Bei der Auswahl dieser Übungsräume müsse es regelmäßig eine Abwägung von Notwendigkeiten, Risiken und Belastung der Bevölkerung geben, sagte der Grünen-Verteidigungspolitiker Tobias Lindner unserer Zeitung. „Der Sicherheit aller Menschen in der Luft wie auf dem Boden ist stets oberste Priorität einzuräumen.“ Es sei aber nachvollziehbar, dass der Luftkampf geübt werde. Lindner verwies zudem darauf, dass die Zahl der Übungsflüge über Deutschland in den letzten Jahren abgenommen habe. „Es finden mehr Flüge in Simulatoren oder auch in ausländischen Übungsgebieten statt.“

Der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Henning Otte (CDU), wies Kritik an den geltenden Regeln zurück. „Die Bundeswehr muss dort üben, wo sie im Bedarfsfall auch verteidigt“, sagte er im Deutschlandfunk. Auch die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann stellte sich hinter die geltende Praxis. „Die Übungen der Luftwaffe müssen sein, damit es im Ernstfall läuft“, sagte sie unserer Zeitung. Training nur im Simulator bereite die Piloten nicht auf einen Einsatz unter realen Bedingungen vor. „Schon jetzt und auch in Zukunft wird selbstverständlich darauf geachtet, über kaum oder bestenfalls nicht bewohntem Gebiet zu üben.“