Der deutsche Liganeuling Daniel Theis von den Boston Celtics hat sich in der nordamerikanischen Basketball-Profiliga NBA gut eingeführt. Sein Trainer Brad Stevens lobt ihn vor der Partie in London gegen die Philadelphia 76ers in höchsten Tönen.

Sport: Gerhard Pfisterer (ggp)

Stuttgart - Normalerweise läuft das in der nordamerikanischen Basketball-Profiliga NBA so: Ein Team bestreitet ein Auswärtsspiel, danach geht’s zum Flieger, und am nächsten oder spätestens übernächsten Tag steht bereits das nächste Spiel in der nächsten Stadt an. Besonders die Boston Celtics um den deutschen Liganeuling Daniel Theis können ein Lied davon singen – sie kennen diesen Takt besser als jede andere Mannschaft.

 

Denn sie haben in den ersten 82 Tagen der insgesamt 82 Partien umfassenden NBA-Hauptrunde 43 Begegnungen bestritten, mehr als alle Konkurrenten. Trotz der Tortur und der grauenvollen Fuß- und Schienbeinverletzung des namhaften Neuzugangs Gordon Hayward im ersten Saisonspiel haben sie 33 davon gewonnen und stehen damit, etwas überraschend, an der Tabellenspitze der Eastern Conference.

Celtics-Trainer Brad Stevens wird schon mit Legende Gregg Popovich verglichen

Die Verschnaufpause in dieser Woche kommt da gerade recht. Denn ausnahmsweise steht nur ein Kräftemessen für die Celtics auf dem Programm statt drei oder vier. An diesem Donnerstag (21 Uhr/Livestream bei Spox.com) treffen sie auf die Philadelphia 76ers – in London, wo die NBA bereits zum achten Mal mit einem Pflichtspiel internationale Werbung betreibt. Anders als sonst blieb bei dem Trip seit Montag mal Zeit zum Sightseeing von Buckingham Palace über Big Ben bis Piccadilly Circus oder auch einfach Zeit zum Training. „Das ist das Spezielle an dieser Reise abgesehen davon, dass das Spiel auf der anderen Seite des Ozeans steigt“, sagt der Celtics-Trainer Brad Stevens. In den vergangenen Wochen hatte er zur Belastungssteuerung bewusst nur ein paar wenige Übungseinheiten angesetzt.

Der 41-Jährige arbeitet seit seinem 24. Lebensjahr als Coach und bezeichnet sich selbst als „Basketball-Junkie“. Er kam 2013 nach ruhmvollen Jahren an der zuvor wenig beachteten Butler-Universität in Indianapolis nach Boston – dort setzt sich seine Erfolgsgeschichte fort. Er ist nicht nur für das Celtics-Toptalent Jason Tatum „einer der besten Trainer der Liga“. Seine akribische Aufbauarbeit zur Wiederbelebung des NBA-Rekordchampions aus Boston trägt Früchte – und führt schon zu Vergleichen mit dem fünfmaligen Meistermacher Gregg Popovich, der 68 Jahre alten Legende von den San Antonio Spurs. „In einem Atemzug mit jemandem wie ihm genannt zu werden ist schmeichelhaft, aber ich nehme das nicht zu ernst, weil ich weiß, wie weit ich von einem Kerl wie ihm noch weg bin“, sagt Brad Stevens.

Spielmacher Kyrie Irving ist der einzige Star beim Tabellenführer

Abgesehen von dem Star-Spielmacher Kyrie Irving verfügen die Celtics über ein sehr ausgeglichenes Team. Und trotz des schmerzlichen Ausfalls von Gordon Hayward ist dem Halbfinalisten der vergangenen Play-offs heuer alles zuzutrauen, wie die erste Saisonhälfte gezeigt hat. „Wir haben ein junges Team und werden immer besser und besser – ich bin gespannt, wie gut wir erst am Ende der Saison sein werden“, sagt Al Horford, der mit seinen 31 Jahren der älteste Spieler ist. „Wir haben alles, was es braucht, um ein Wörtchen um die Meisterschaft mitzureden.“

Ein Rädchen in der Erfolgsmaschinerie ist Daniel Theis, der im Sommer den Sprung vom deutschen Meister Brose Bamberg nach Boston wagte. Sein Coach ist voll des Lobes über ihn. „Daniel ist ein super Typ, ein toller Teamkollege. Er weiß, was er kann und was nicht – und deshalb hat er so eine großartige erste Saisonhälfte gespielt“, sagt Brad Stevens. „Unglaublich, wie wirkungsvoll er als Liganeuling für uns bisher schon war. Wir glauben voll an ihn.“

Daniel Theis zählt in Boston schon zu den Publikumslieblingen

Daniel Theis überzeugt wie schon in Bamberg als effektiver Einwechselspieler auf der Position des Power Forward. Durchschnitte von 4,7 Punkten und 4,2 Rebounds in 13,2 Spielminuten stehen für ihn zu Buche, bei einer herausragenden Trefferquote von 51 Prozent. Der selbstlose 25-Jährige aus Salzgitter ist ein Mann für gewisse Minuten, mal fünf, mal 19, mal 25 – je nach Gegner, je nach Konstellation. „Mir ist es egal, ob ich in der Startformation stehe oder von der Bank komme. Wann immer das Team mich braucht, versuche ich bereit zu sein“, sagt der defensivstarke 2,06-Meter-Mann. „Ich versuche einfach, Energie ins Spiel zu bringen und gut zu verteidigen, wenn ich eingewechselt werde.“

Mit dieser Attitüde hat er sich bei den Celtics schon zu einem der Publikumslieblinge entwickelt. „Die Fans in Boston sind etwas ganz Besonderes, alle Spiele sind ausverkauft. Jedes Mal, wenn ich reinkomme, werden die Fans laut, zumindest einige davon. Das ist auf jeden Fall eine Ehre für mich“, sagt Daniel Theis. Beim Spiel in London werden ihn sein Bruder Frank samt Freundin ebenso wie weitere Bekannte aus London und Umgebung anfeuern. Das ist noch so eine Annehmlichkeit dieses rundum besonderen Auswärtstrips: „Unser Spielplan war bisher wirklich hart, wir hatten ja nur zwei Spiele, nach denen mal zwei Tage Pause waren – das ist schon härter als in Europa.“ Das ist der NBA-Alltag mit seinem schonungslosen Takt.