Europa- und Kommunalwahl Wohin will Volt? Junge Partei auf dem Vormarsch

Nachwuchspolitikerin Anna Polasek aus Freiburg macht sich für Volt stark und vertritt die junge Partei künftig im Gemeinderat. Foto: Volt

Volt holt bei der Europawahl 2,6 Prozent der Stimmen und wird im EU-Parlament künftig mit fünf Plätzen vertreten sein. Aber was will die Partei überhaupt? Nachwuchspolitikerin Anna Polasek gibt Antworten.

Baden-Württemberg: Lea Krug (lkr)

„Sei kein Arschloch“ oder „Für mehr Eis“ – die lilafarbenen Plakate der jungen Partei Volt fielen in den Straßen auf. In der medialen Berichterstattung und auf großer politischer Bühne spielte die junge Partei hingegen nur selten eine Rolle. Doch vor allem in der jungen Wählergruppe konnte die Partei bei der Europawahl nun punkten. In der Altersgruppe 16 bis 25 erreichte sie nach Zahlen der Forschungsgruppe Wahlen ganze 9 Prozent. FDP, Linke und das Bündnis Sahra Wagenknecht schnitten bei den jungen Wählerinnen und Wählern schlechter ab, die SPD ist gleichauf. Wie kam es zu dem Erfolg?

 

„Wir sind total sprachlos“, sagt Anna Polasek, die für die Partei auf der EU-Wahlliste und in ihrer Heimat Freiburg auf der Kommunalwahl-Liste zur Wahl stand. Mit dem Ergebnis sieht sie ihre Partei im „etablierten Parteienspektrum angekommen. „Wir haben jetzt einen eigenen Balken“, sagt sie mit Verweis auf die Grafiken in den Zeitungen. Ein entscheidender Erfolgsfaktor aus Polaseks Sicht: die soziale Medien. „Die AfD hat einen wahnsinnig erfolgreichen TikTok-Wahlkampf betrieben, wir haben uns als deren Gegenstimme verstanden“, sagt sie. „Bitte sei kein Arschloch, bitte wähle nicht die AfD“, heißt es etwa in einem der Clips:

@voltdeutschland Wir arbeiten an einer Zukunft, in der es in Europa keinen Platz für Rechtsextremist*innen gibt oder für Menschen, die diese wählen. Die Lösung für die Krisen unserer Zeit liegt in einer engeren Zusammenarbeit in ganz Europa und nicht in Renationalisierung und menschenfeindlichen Deportationsplänen. Es braucht Mut zur positiven Veränderung! #fckafd #noAfD #fürdemokratie #fürmenschenrechte ♬ original sound - Volt Deutschland

Die Message kam offenbar an, die entsprechenden Videos wurden tausendfach geklickt. Allein in der Nacht auf Montag seien 9000 weitere Follower auf der Plattform hinzugekommen, so die 29-jährige Politikerin.

Volt sieht sich als Antwort auf den Brexit

Doch wo sind Polasek und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter einzuordnen? Volt positioniert sich klar pro-europäisch, sieht sich eher als eine Bewegung, weniger als Partei. Selbst in der Schweiz engagieren sich Menschen für die Idee, obwohl das Land nicht in der EU ist. „Volt wurde 2015 als Antwort auf den Brexit gegründet“, sagt die 29-Jährige aus Freiburg. „Unsere Kernmotivation ist es, den Rechtsruck zu bekämpfen, soziale Klimapolitik zu betreiben, faire Migrationspolitik zu machen und den Fachkräftemangel zu entschärfen“, fasst sie das zusammen, wofür die Partei steht.

Volt-Spitzenkandidat Damian Boselager, der die Partei bereits in der vergangenen Legislatur im EU-Parlament vertrat, hatte sich zuletzt der Grünen-Fraktion angeschlossen. Gegenüber der „Zeit“ erklärte er nun allerdings, auch mit den Liberalen verhandeln zu wollen. Neben inhaltlichen Fragen spielen wohl auch machtpolitische Interessen und etwa die Frage nach den Ausschüssen eine Rolle. Künftig vertritt Boselager Volt-Deutschland in Brüssel nicht mehr alleine, zwei weitere Abgeordnete seiner Partei wurden gewählt. Und auch die Niederlande darf zwei Volt-Politiker ins EU-Parlament entsenden.

Volt-Spitzenkandidat Damian Boselager will mit Grünen und Liberalen verhandeln. Foto: www.imago-images.de/IMAGO/Dwi Anoraganingrum

Polasek selbst kommt aus der Klimabewegung, war bei Fridays for Future aktiv, studiert Waldwissenschaften und Naturschutz und sieht sich als junge Mutter in der Pflicht, für die Zukunft ihrer Kinder einzutreten. Zeitweise sei sie auch Mitglied bei den Grünen gewesen, doch bei Volt erhofft sich die junge Frau mehr Mitsprache. Während man bei den großen Parteien jahrelang am unteren Ende der Hierarchie stehe, könne man bei Volt direkt mitmischen, so die 29-Jährige. „Wir sind alle Quereinsteiger“, sagt sie. Das mache die Bewegung aus.

Anna Polaseks Einstieg in die Politik

Ins EU-Parlament kann die junge Mutter nun trotzdem nicht direkt einsteigen, dafür aber in den Gemeinderat in Freiburg, wo ihre Partei 3,8 Prozent erreichte. Vor allem in den Universitätsstädten hat Volt gute Ergebnisse eingefahren, die Partei kommt wohl vor allem bei jungen Akademikerinnen und Akademikern an. In vielen Städten – unter anderem in Stuttgart – zog die Partei außerdem erstmals in den Gemeinderat ein.

Und was kommt als Nächstes? Anna Polaseks optimistischer Blick richtet sich als Nächstes auf Berlin. Obwohl die Hürden bei der Bundestagswahl wegen der Fünf-Prozent-Hürde deutlich höher liegen, rechnet sich die junge Politikerin Chancen aus: „Ich sehe uns im Bundestag“, erklärt Anna Polasek selbstbewusst.

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