Der neue Kommissionschef Jean-Claude Juncker lehnt beim TTIP-Abkommen eine Klagemöglichkeit für Konzerne ab.

Brüssel - Anders als die bisherige EU-Kommission reagiert die Brüsseler Behörde unter Leitung von Jean-Claude Juncker auf die anhaltende Kritik am Freihandelsabkommen mit den USA und lässt die hochumstrittenen Pläne für private Schiedsgerichte fallen. Diese bieten Unternehmen die Möglichkeit, Staaten auf Schadenersatz zu verklagen, wenn politische Entscheidungen wie Enteignungen oder auch neue Gesetze ihren Profit schmälern.

 

In einer Antwort der designierten Handelskommissarin Cecilia Malmström an das Europaparlament, die am Wochenende bekannt wurde, bestätigt sie frühere Aussagen Junckers, wonach „kein Investor-Staat-Schiedsverfahren Teil des Abkommens sein“ und „keine Einschränkung der Rechtsprechung von Gerichten der Mitgliedstaaten akzeptiert“ wird. Im Brief der Schwedin vor ihrer diesen Montag stattfindenden Anhörung, die alle Kommissarsanwärter vor ihrer parlamentarischen Bestätigung absolvieren, heißt es: „Ich unterstütze den Ansatz des gewählten Präsidenten voll und werde in diesem Sinne die laufenden Freihandelsgespräche bestreiten, wo das Thema auf dem Tisch liegt.“

„Die Botschaft ist angekommen“

Die EU-Kommission geht damit einen großen Schritt auf die Gegner der Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP) zu. Zuletzt hatte sich auch das SPD-geführte Bundeswirtschaftsministerium von Vizekanzler Sigmar Gabriel gegen die Schiedsverfahren als Teil der transatlantischen Freihandelszone ausgesprochen.

Die nun offizielle Kehrtwende der Brüsseler Behörde unter neuer Leitung wurde weithin begrüßt. „Unsere Botschaft ist offensichtlich angekommen“, sagt Bernd Lange von den Sozialdemokraten, der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europaparlament. Man werde zwar nun auch Malmström „bei den weiteren Verhandlungen genau auf die Finger schauen“, doch sei er „jetzt zuversichtlicher, dass wir zusammen mit der neuen Kommission gute Handelsabkommen aushandeln können“. Der Grünen-Abgeordnete Sven Giegold, der Malmströms Antwort veröffentlicht hatte, sagte: „Der Druck hat gewirkt.“

Misstrauen nach Ceta-Zusagen

Wie beim Abkommen mit Kanada verfahren wird, das als Testlauf für die US-Gespräche gilt, hat die künftige Kommission noch nicht erklärt. Der scheidende Chef José Manuel Barroso hatte erst am Freitag beim EU-Kanada-Gipfel die Gespräche über den sogenannten Ceta-Vertrag für abgeschlossen erklärt. Dieser Text enthält das strittige Schiedsverfahren. Der Linke-Europaabgeordnete Fabio De Masi kommentierte Malmströms Nein zu dem Verfahren daher skeptisch: „Das ändert nicht viel, wenn es dann über Ceta durch die Hintertür kommt.“ Dahinter steht die Sorge, dass sich die US-Amerikaner kaum mit weniger zufrieden geben dürften als die Kanadier – oder US-Investoren über Tochterfirmen in Kanada gegen EU-Staaten klagen könnten. „Die Konsequenz muss sein“, so Giegold, „nun auch Ceta aufzurollen.“