Der Absatz von Verbrennern – vor allem verbrauchsstarken – ist zum Jahresanfang in Europa deutlich zurückgegangen. Gleichzeitig sind Elektroautos deutlich stärker gefragt. Die strengen Emissionsvorgaben der EU zeigen erste Wirkung.

Stuttgart - Die seit Januar geltenden strengeren EU-Vorgaben für Autohersteller zum Kohlendioxidausstoß haben bereits deutliche Auswirkungen auf den Neuwagenmarkt der EU. Zu diesem Schluss kommt eine Analyse der Unternehmensberatung EY. So sei die Zahl der Neuzulassungen zum Jahresauftakt insgesamt deutlich gesunken. Was EY vor allem darauf zurückführt, dass die Hersteller Zulassungen vor allem von emissionsintensiven Fahrzeugen wie SUV und Geländewagen auf den Dezember vorgezogen hätten, damit diese Fahrzeuge nicht ab Januar ihre CO2-Bilanz belasten. „Die Fahrzeuge, die zum Jahresende von den Herstellern in den Markt gedrückt worden waren – zum Teil als Tages- und Eigenzulassungen, zum Teil mit Rabatten – fehlten im Januar in der Statistik“, so Peter Fuß, Partner bei EY. „Die Autokonzerne haben spätestens seit Anfang dieses Jahres ein großes Interesse daran, vorwiegend Neuwagen mit niedrigen CO2-Emissionen an Kunden zu übergeben. Denn je niedriger der Flottenausstoß, desto geringer ist das Risiko hoher Strafzahlungen.“ Der Effekt der vorgezogenen Neuzulassungen werde sich wohl auch in den kommenden Monaten noch auswirken, heißt es in der Analyse.

 

Hersteller drücken E-Autos in den Markt

Zugleich ist ein Anstieg der Elektroauto-Neuzulassungen zu beobachten, heißt es in der EY-Analyse – in manchen Ländern fällt er sogar massiv aus. So habe sich im Jahresvergleich die Zahl der neu zugelassenen E-Fahrzeuge im wichtigen Markt Frankreich beispielsweise mehr als verdreifacht. In Italien versechsfachte sie sich nahezu. In Deutschland und Großbritannien sei mehr als eine Verdoppelung zu beobachten. „Der Absatz reiner Elektroautos hat sich in den fünf größten westeuropäischen Märkten mehr als verdoppelt, die Zulassungen von Plug-in-Hybriden haben sich sogar mehr als verdreifacht. Dieser Boom ist eindeutig eine Folge der Emissionsvorgaben der EU“, so Fuß. Dieser Boom sei keineswegs auf ein plötzlich erwachtes Kundeninteresse zurückzuführen, sondern vielmehr das Ergebnis einer bewussten zeitlichen Steuerung des Absatzes durch die Autokonzerne, sagt Fuß: „Wir sehen einen geradezu explosionsartigen Anstieg der Neuzulassungen bei mehreren Modellen, einige Modelle tauchen im Januar überhaupt erstmals in der Neuzulassungsstatistik auf. Ein erheblicher Teil davon sind allerdings gewerbliche Neuzulassungen, die wiederum vor allem Eigenzulassungen sein dürften“.

Der durchschnittliche Flotten-CO2-Ausstoß sinkt

In den Statistiken verschiedener Länder, für die entsprechende Angaben schon vorliegen, zeige sich auch der Effekt fürs Klima bereits, so EY: In Deutschland sank der durchschnittliche CO2-Ausstoß der neu zugelassenen Pkw im Vergleich zu Dezember 2019 um 2,8 Prozent von 155,9 auf 151,5 g/km. In Frankreich wurde sogar ein Rückgang um 15 Prozent von 112,9 auf 96,0 g/km registriert.

Da in den kommenden Monaten neue attraktive Modelle auf den Markt kämen, würden Elektroautos und Plug-in-Hybride voraussichtlich weitere Marktanteile gewinnen, erwartet Fuß. „Die Verteilung der Antriebsarten wird sich weiter verschieben – weg von Verbrennern, hin zu Elektrofahrzeugen und Plug-in-Hybriden. Gerade letztere erfreuen sich zunehmender Beliebtheit, da hier das Thema „Reichweitenangst“ keine Rolle spielt.“

Zurückhaltender Ausblick

Für den Neuwagenmarkt insgesamt ist Fuß für 2020 zurückhaltend. „Das konjunkturelle Umfeld ist nicht besonders gut, die Auswirkungen des Corona-Virus sind noch nicht absehbar. Ein Rückgang im mittleren einstelligen Bereich gegenüber dem durch Sondereffekte geprägten starken Vorjahr erscheint daher realistisch. Allerdings gelten die Gesetze des Marktes derzeit nur noch eingeschränkt, denn die Fahrzeuge, die von den Kunden stark nachgefragt werden, sind schlecht für die CO2-Bilanz und fürs Image der Autokonzerne. Auf der anderen Seite ist das Angebot an Autos mit Elektro- oder Plug-in-Hybrid-Antrieb noch überschaubar, und die Lieferzeiten sind teils sehr lang. Obendrein ist auch die tatsächliche Nachfrage nach E-Autos noch überschaubar, wenngleich die inzwischen erhöhte Umweltprämie sicher zusätzliche Impulse setzen wird“, so der EY-Partner.

Für sehr wahrscheinlich hält er einen Rückgang nur im Bereich der Diesel-Fahrzeuge – auch, wenn ein höherer Anteil neu zugelassener Diesel-Modelle den Herstellern beim Erreichen der CO2-Ziele helfen könnte. Im Januar sei der Absatz von Diesel-Neuwagen in den fünf größten westeuropäischen Märkten bereits von 34 auf 29,6 Prozent gesunken. Da sich einiger Hersteller grundsätzlich von der Diesel-Technologie verabschiedet hätten, und der Diesel im Kleinwagensegment ohnehin aufgrund der teuren Abgasreinigung bald keine Rolle spiele, seien weitere Rückgänge wahrscheinlich. „Das ist eine schlechte Nachricht für die Umwelt. Denn moderne Diesel könnten einen wichtigen Beitrag zur Senkung der CO2-Emissionen leisten.“