Im Konflikt zwischen Management und Personal beim Europäischen Patentamt haben einzelne Staaten ein Machtwort gesprochen. Aber Skepsis bleibt bestehen.

München - Im Dauerstreit zwischen dem Personal des Europäischen Patentamts (Epa) und dessen Präsidenten Benoit Battistelli stehen die Zeichen nun erstmals auf Entspannung. Seit zwei Jahren geht es in der Internationalen Behörde mit Sitz in München hoch her. Battistelli ist von deren 38 Mitgliedstaaten mit einer Reform beauftragt worden und geht dabei nicht zimperlich vor. Grundrechte wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit werden ausgehebelt, kritisieren die Epa-Gewerkschaft Suepo und viele der rund 7000 Beschäftigten. Auch ein Gericht in Den Haag hat jüngst entsprechend geurteilt. Battistelli bestreitet alle Vorwürfe. Weitgehend zerstört ist fraglos der soziale Friede.

 

Der muss mit aller Macht wiederbelebt werden, hat der Epa-Verwaltungsrat bei seiner jüngsten Sitzung beschlossen und dem Thema höchste Priorität eingeräumt. Ein runder Tisch am 22. April soll Entspannung bringen. Erstmals wollen dort Battistelli und Verwaltungsratspräsident Jesper Kongstad mit der Suepo reden, die bisher nicht als Gesprächspartner anerkannt wurde. „Der Verwaltungsrat hat beschlossen, aktiv zu werden“, erklärt das Bundesjustizministerium. Es entsendet den deutschen Vertreter in das Aufsichtsgremium, das in Teilen erkennbar Druck auf Battistelli ausübt. Deutschland habe sich mit neun Ländern der Abstimmung über Reformschritte Battistellis enthalten, betont das Ministerium von Heiko Maas (SPD). Speziell die Rechte der Epa-Personalvertretung seien umstritten.

„Die traditionellen Bündnisse im Verwaltungsrat haben sich verändert und es ist Bewegung in eine total verkorkste Lage gekommen“, kommentiert die Suepo die Entwicklung. Die Gewerkschaft hofft im April auf ernsthafte Verhandlungen, bleibt aber wegen bisheriger Erfahrungen mit Battistelli skeptisch. Dieser hat unter anderem eine Demonstration des Epa-Personals mittels Androhung dienstrechtlicher Konsequenzen verhindert, sich bei Streiks sowie Wahlen zu Personalausschüssen als oberster Dienstherr persönlich umfangreiche Mitspracherechte zugesprochen oder teils das Recht auf juristischen Beistand bei disziplinarischen Konflikten abgeschafft.

Behördenchef Battistelli überstrapaziert die Immunität

Zweifel hinsichtlich rascher Befriedung der Lage hat auch der Rechtsanwalt Alexander Holtz, der seit 13 Jahren Epa-Beschäftigte vertritt. Mit Amtsantritt von Battistelli vor fünf Jahren habe sich die Lage zum Schlechteren verändert, sagt er. Früher habe man im Konfliktfall miteinander gesprochen und er habe zum Beispiel bei Daimler miterlebt, wie ein Disput zwischen Management und Personal in gegenseitigem Respekt gelöst werden könne.

Beim Epa nütze Präsident Battistelli seine großen Freiheiten dagegen aus und überstrapaziere insbesondere den Immunitätsanspruch der internationalen Behörde, kritisiert Holtz. Als solche unterliegt das Epa den deutschen Gesetzen in vielerlei Hinsicht nicht. Aber es gebe Grenzen, wenn es um fundamentale Grundrechte gehe, so der Jurist. Die staatlichen Vertreter im Epa-Verwaltungsrat hätten Battistelli zu lange gewähren lassen. So bleibe Epa-Bediensteten im Konfliktfall nur die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) in Genf, die bereits von Epa-Fällen überschwemmt sei. Die dortige Verfahrensdauer drohe sich von heute fünf auf 15 Jahre auszuweiten. Bis ein Fall entschieden sei, sei ein Beschäftigter nicht selten schon in Rente.

An Battistellis Reform sei nicht alles schlecht, räumt der um Entspannung bemühte Rechtsanwalt ein. Angesichts der verhärteten Fronten empfiehlt Holtz eine Schlichtung „durch einen wie Heiner Geißler“. Der CDU-Politiker hat schon in manchem Konflikt vermittelt, zuletzt bei dem Projekt Stuttgart 21. Bleibe es ohne Abstriche bei den jetzigen Reformplänen Battistellis, seien Klagen aber programmiert.