Die Grünen in der EU nehmen es mit der Mitbestimmung ernst. Die Spitzenkandidaten für die anstehende Europawahl sollen zum ersten Mal durch eine offene Abstimmung im Internet bestimmt werden.

Brüssel - Wie jung und modern die europäischen Grünen sind, soll schon die Auswahl des Veranstaltungsortes zeigen, den sie für den Start ihrer Europawahlkampagne ausgesucht haben. In einer umgebauten Fabrikhalle für junge Kreative im Brüsseler Stadtteil Anderlecht präsentierte die europäische Grünen-Partei am Sonntag jene vier Personen, die als Spitzenkandidaten in die Europawahl im Mai gehen wollen. Und sie stellen sich – als Erste überhaupt – der Netzgemeinde zur Wahl. Die erste Stimme gab die  irische Grünen-Aktivistin Molly McKeagney ab.

 

Nach dem Modell der amerikanischen Vorwahlen – „Primaries“ genannt – können noch bis Ende Januar alle Bürger darüber abstimmen, wer europaweit auf den Wahlplakaten der Grünen plakatiert wird. „In Zeiten der Finanzkrise und sinkenden Vertrauens in die europäischen Institutionen werden wir zeigen, dass Europapolitik anders sein kann – partizipatorisch, interaktiv, demokratisch“, heißt es auf der Internetseite. Um mitzumachen, ist keine Parteimitgliedschaft nötig; Reinhard Bütiko- fer, ehemals Bundesvorsitzender und nun Chef der europäischen Grünen, ruft alle „Sympathisanten“ auf, sich zu beteiligen. Voraussetzung für die Registrierung ist demnach nur, dass man seinen Wohnsitz in der EU hat, 16 Jahre oder älter ist und „grüne Werte teilt“. Nachweisen muss man das freilich nicht, die E-Mail-Adresse reicht. Bewusst nimmt die Partei dabei in Kauf, dass das Verfahren auch von weniger Gutmeinenden gekapert werden könnte. „In diesem Fall“, sagt der Europaabgeordnete Jan Philipp Albrecht, „müssten wir das Experiment für gescheitert erklären.“

Drei Frauen und ein Mann

Vier Kandidaten stehen zur Wahl – drei Frauen und ein Mann. Die bekannteste dürfte hierzulande Rebecca Harms sein, die Fraktionschefin der Grünen im Europaparlament, die die klassischen grünen Themen Atomausstieg, Energiewende und Klimaschutz bedient. Ebenfalls anklickbar ist die Asylexpertin Franziska Keller aus Brandenburg – dass zwei der vier Kandidatinnen Deutsche sind, hat in der Partei durchaus zu Diskussionen geführt. Mit von der Partei sind außerdem die Italienierin Monica Frassoni, die zusammen mit Bütikofer der europäischen Partie vorsteht, und der französische Bauernaktivist und Globalisierungskritiker José Bové.

Am Ende werden zwei Spitzenkandidaten stehen, wobei sie aus zwei verschiedenen Ländern werden kommen müssen. Würden also die beiden deutschen Kandidatinnen in der Abstimmung vorne liegen, zöge die Zweitplatzierte dennoch den Kürzeren.

Mehr Informationen und das Abstimmungstool unter:

www.greenprimary.eu und auf Twitter unter #greenprimary