Das euphorisch gefeierte Sportfest in München bekam zum Abschluss einen letzten Höhepunkt: Gold in der Staffel, im Speerwurf, im Tischtennis und bei den Kanuten. Der Jubel bei der Multi-EM kannte wie schon in den elf Tagen zuvor keine Grenzen, die stimmungsvollen Bilder aus München waren beeindruckend und befeuern die Debatte über eine neuerliche Bewerbung Deutschlands um Sommer- oder Winterspiele. Die Bundesregierung, sagte Innenstaatssekretär Mahmut Özdemir in München, „begrüßt jede Initiative einer Bewerbung um Olympische und Paralympische Spiele“. Wichtig aber sei die Akzeptanz in der Bevölkerung für ein derartiges Vorhaben. Die Bundesregierung befinde sich im Austausch mit dem DOSB. Was spricht für eine Bewerbung? Und was dagegen?
Pro: Chance für eine Stadtentwicklung Olympische Spiele können die Stadtentwicklung des Austragungsortes positiv beeinflussen. Gute Beispiele sind München und Barcelona. In München hat der Stuttgarter Architekt Günter Behnisch vor 50 Jahren für die Spiele 1972 ein zeitloses Kunstwerk geschaffen. Die geschwungenen Dächer über dem Olympiastadion und den Sporthallen sind im Einklang mit dem Olympiaturm zu Wahrzeichen der Stadt geworden. In Barcelona wurden für die Spiele 1992 riesige Areale am Mittelmeer modernisiert.
Pro: Entstehung von Arbeitsplätzen Bekommt eine Stadt oder eine Region den Zuschlag zur Austragung Olympischer Spiele, kurbelt das die Wirtschaft an und schafft Arbeitsplätze. In Ländern mit hoher Arbeitslosenquote kann das die Not vieler Menschen lindern und ihre Lebenssituation verbessern – und das über einen Zeitraum von mehreren Jahren. Die gesamte Region profitiert davon, womöglich sogar das ganze Land, wenn überwiegend inländische Firmen in der glücklichen Lage sind, Aufträge zu bekommen. Insofern haben etwa Rio de Janeiro und ganz Brasilien von den Sommerspielen 2016 profitiert.
Pro: Förderung der Sportbewegung Olympische Spiele können die Sportbewegung eines ganzen Landes vorantreiben. Die Sommerspiele 1972 in München hatten zur Folge, dass mehr Menschen in die Sportvereine gingen und sich ganz allgemein die Lust auf Bewegung steigerte. Auch im Spitzensport kann viel in Bewegung geraten. In der Euphorie, die gelungene Spiele auslösen können, werden womöglich notwendige Strukturänderungen etwa im Hinblick auf zentralisierte Trainingsstätten vorgenommen und wird die Förderung der Athleten verbessert.
Kontra: die enormen Kosten Olympische Spiele kosten eine Menge Geld, der Aufwand beträgt mehrere Milliarden Euro. Olympiagegner sind oft der Auffassung, es sei herausgeworfenes Geld, das an anderer Stelle notwendiger wäre, etwa im sozialen Bereich oder im Gesundheitswesen eines Landes. Die Nöte der Menschen sind oft größer als der Nutzen einer Veranstaltung, die einen gewaltigen Vorlauf von sechs oder sieben Jahren benötigt und immense Kosten verursacht – dafür dass innerhalb von nur zweieinhalb Wochen irgendwo gelaufen, geturnt und geschwommen wird.
Kontra: Umwelt und Nachhaltigkeit Olympische Spiele sind oft nicht nachhaltig. Sportstätten werden nicht mehr benötigt und verfallen. Manche für Sommerspiele gebaute Hallen werden kaum noch genutzt, für Winterspiele werden oft ganze Wälder abgeholzt für Skisprunganlagen oder Bobbahnen, die das Gastgeberland später kaum benötigt, weil die Sportart in dem Land keine Tradition besitzt. Die Bewerbung von München und Garmisch-Partenkirchen für die Winterspiele 2022 fiel einem Bürgerentscheid zum Opfer, weil die Menschen in Garmisch mehrheitlich keine großen Einschnitte in ihre schöne Berglandschaft hinnehmen wollten.
Kontra: das IOC als Partner Das Internationale Olympische Komitee (IOC) ist mit seiner veralteten Denkweise kein guter Partner, es befindet sich nicht auf der Höhe der Zeit. Was die Menschen bewegt, sind Themen wie Umweltschutz, Nachhaltigkeit und Sparsamkeit. Doch noch immer stehen Gigantismus und Kommerz im Bewerbungsverfahren Tür und Tor offen, außerdem sind es oft wahre Knebelverträge, die das IOC mit den Austragungsorten abschließt. IOC-Präsident Thomas Bach spricht zwar davon, Olympische Spiele künftig in einem überschaubareren Rahmen durchführen zu lassen, doch werden die nächsten Sommerspiele 2024 in Paris vermutlich wieder das werden wie unzählige Spiele davor: das schönste und größte Olympia überhaupt.
Fazit Eine Bewerbung will gut überlegt sein. „Wir erarbeiten gerade, wie ein möglicher Prozess hin zu einer Bewerbung aussehen kann“, sagt Thomas Weikert, der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbunds. Noch ist das eine zögerlich anmutende Haltung. Die zahlreichen gescheiterten Bewerbungen Deutschlands sind Weikert noch gut in Erinnerung.