Am Wochenende feiern tausende Fans beim European Darts Grand Prix im Sindelfinger Glaspalast. Ein Wettbewerb, bei dem sich Party und Konzentration nicht ausschließen.

Für die Veranstalter des European Darts Grand Prix fühlt es sich ein bisschen wie nach Hause kommen an. 2020 gab es hier zwar eine abgespeckte Corona-Version, doch die ist mit dem richtigen Event natürlich nicht zu vergleichen. „Die Fans in Sindelfingen sind immer super“, freut sich Moritz Peters vom Profi-Dartsverband PDC Europe. „Wir haben jeden Abend um die 3000 Leute hier, das sind knapp unter 90 Prozent Auslastung.“ Für die Veranstalter ist aber nicht nur das Publikum, sondern auch die Halle eine Besonderheit. „Die Bühne ist hier sehr in die Breite gezogen“, sagt Moritz Peters. „Dadurch sitzen die Zuschauer ganz dicht an den Sportlern dran.“

 

Mindestens genauso spannend wie der Dartswettbewerb selbst, ist ein Blick ins Publikum. Eine Besonderheit großer Dartsveranstaltungen ist nämlich, dass viele Zuschauer verkleidet auftauchen. Wer von der Tribüne aus einen Blick nach unten wirft, sieht die Teletubbies mit Bier anstoßen, Super Mario mit Batman feiern und mitten in der Masse eine riesige Banane aufblitzen. Auch eine Gruppe Astronauten hat sich unter die Menge gemischt. Unter ihnen auch der 30-jährige Sebastian, der bezüglich des Kostüms offenbar einer Art Gruppenzwang unterlegen ist. „Wir haben gehört, dass das Verkleiden hier gang und gäbe ist, und dann abgestimmt“, sagt der Kemptener. „Aber man kann das Kostüm ja auch noch Mal zu Fasching anziehen.“

Konzentration unter Extrembedingungen

Vor ein paar Jahren noch musste es im Glaspalast mucksmäuschenstill sein, wenn die Dartsspieler ihre Pfeile warfen. Dementsprechend erstaunlich die Lärmwelle, die einem jetzt während des Turniers entgegenschlägt. Es wird gegrölt, gejubelt und gesungen. Für ihre Lieblingsteilnehmer springen die Fans auf die Bierbänke, stimmen Chöre an und feiern, was das Zeug hält. „Das ist das Paradoxe am Darts“, sagt Moritz Peters. „Dass man sich jetzt mittlerweile unter diesen Extrembedingungen konzentrieren muss.

Oliver Loritz und seine Gruppe marschieren als Fred Feuersteins durch den Glaspalast. Die Dartsfans haben für die Veranstaltung extra den weiten Weg von Bodensee auf sich genommen. Und würden jederzeit wiederkommen. „Uns gefällt die Mischung aus Spaß, Alkohol und Zusammensein“, erklärt Oliver Loritz. „Hier herrscht eine von Grund auf gute Stimmung, viel besser als bei jedem Fußballspiel.“ Die Atmosphäre ist aber nicht der einzige Grund für die Begeisterung der Feuerstein-Crew. „Darts ist ein ganz besonderes Spiel“, sagt Oliver Loritz. „Wenn du verlierst, dann verlierst du und wenn du gewinnst, freut sich jeder mit dir, egal ob sieben oder 60 Jahre alt.“

Ein Huhn, das seinem Namen alle Ehre macht

Tim Henne hatte mit Darts bisher eigentlich wenig am Hut. Als seine Freunde ihn fragten, ob er mit zum European Darts Grand Prix kommen wolle, sagt er allerdings trotzdem Ja. Die Voraussetzung war allerdings, dass man sich verkleidet. Und zwar möglichst lustig. Der Nachname des Haigerlochers machte die Suche nach einem passenden Kostüm einfach: Tim Henne läuft heute also als Huhn durch den Glaspalast. Seine Meinung über Darts hat er inzwischen geändert. „Ich kann es absolut empfehlen“, sagt er. „Man sitzt nicht nur da und schaut zu, sondern feiert richtig mit.“

Mit gelben Shirts und blauen Zipfelmützen sind heute die „Saufzwerge“ auch vor Ort. Was sie in den Glaspalast verschlägt? Da sind sie sich offenbar selbst nicht einig. Der eine behauptet, ein Junggesellenabschied. Der andere sagt, es sei die Liebe zum Sport. „Wir sind mit dem DC Bierdurst in Grönberg Darts-Meister geworden“, erklärt Zwergen-Oberhaupt Reinhold Schlegel. Alles klar. Mit etwas mehr Ernst geben sie allerdings ihr Feedback zur Veranstaltung im Glaspalast. „Wir waren schon bei verschiedenen großen Dartsevents, auch im Londoner Ally Pally“, sagt Reinhold Schlegel. Die Veranstaltung im Glaspalast mache zwar Spaß, doch die Stimmung sei nicht vergleichbar. „Was fehlt, ist ein Ansager, der zum Singen anregt oder so“, schlagen die Saufzwerge vor.

Warum sind hier eigentlich alle verkleidet?

Egal, wem man diese Frage stellt, die Antwort lautet immer gleich: „Keine Ahnung – macht man halt so.“ Selbst der Herr, der sich für seinen Junggesellenabschied als Schneewittchen verkleidet hat, kann sich selbst nicht so richtig erklären, wie das passieren konnte. „Ich habe mir das auf jeden Fall nicht ausgesucht.“

Moritz Peters vermutet, dass sich der Kostümwahnsinn beim European Darts Grand Prix von der Darts WM in London ableitet. „Die Fernsehbilder vermitteln da immer eine unglaubliche Stimmung mit bunten Kostümen und unheimlich viel Party“, sagt er. „Die Zuschauer im Glaspalast möchten davon Teil sein, ohne dafür extra nach England reisen zu müssen.“

Einige der Dartspieler, viele der verrückten Kostüme und die Stimmung in Bilder – Klicken Sie sich durch unsere Bildergalerie.