Hilfsbereit, pragmatisch, zupackend: Die Unternehmerin und Stifterin Eva Mayr-Stihl hat in Waiblingen viel bewegt. Nun hat die Stadt den Platz an der Galerie Stihl nach ihr benannt.

Seit diesem Freitag hat Waiblingen eine neue Adresse: den Eva Mayr-Stihl-Platz. Ein gutes Jahr nachdem die Unternehmerin Eva Mayr-Stihl mit 87 Jahren verstorben ist, hat die Stadt Waiblingen den Abschnitt zwischen der Galerie Stihl Waiblingen, der Kunstschule Unteres Remstal, dem Lokal Vorratskammer sowie dem Verwaltungsgebäude der Eva Mayr-Stihl-Stiftung, bislang unter der Adresse Weingärtner Vorstadt 10 bis 16 zu finden, nun offiziell umbenannt.

 

Dass an dieser Stelle der „perfekte Ort“ für einen Platz mit diesem Namen ist, darüber seien sich Gemeinderat und Verwaltung einig gewesen, sagte der Oberbürgermeister Sebastian Wolf bei der Enthüllung des neuen Straßenschilds. Denn eine Spende der Eva Mayr-Stihl-Stiftung habe den Impuls dazu gegeben, dass die Stadt Waiblingen eine Galerie baute und sei letztlich die Initialzündung für ein ganzes Kulturquartier am Remsufer gewesen.

Ex-OB Andreas Hesky: „Eine brillante Analystin“

Ihrer Heimatstadt hatte sich Eva Mayr-Stihl ein Leben lang eng verbunden gefühlt. In Waiblingen ging sie zur Schule, machte das Abitur. Hierher kehrte sie nach einem Studium der Betriebswirtschaft und Sprachwissenschaften zurück, um von 1960 an im vom Vater Andreas Stihl gegründeten Unternehmen zu arbeiten. Zunächst kümmerte sie sich ums Marketing, doch schon bald erteilte der Vater ihr Prokura. Nach dessen Tod wurde sie 1975 stellvertretende Vorsitzende der Geschäftsführung und war von diesem Zeitpunkt an für den Bereich Finanzen und Controlling zuständig. Eva Mayr-Stihl sei eine Frau der Zahlen, Bilanzen und Wirtschaftsdaten, eine brillante Analystin gewesen, sagte der frühere Oberbürgermeister und heutige Vorsitzende des Kuratoriums der Stiftung, Andreas Hesky: „Sie scheute sich nicht, ihre Meinung zu vertreten. Sie duldete natürlich Widerspruch. Das war aber kein ganz einfaches Unterfangen.“

Unter ihrer Führung, zusammen mit dem älteren Bruder Hans Peter Stihl, entwickelte sich der Familienbetrieb zu einem international tätigen Unternehmen mit Produktionsstätten rund um den Globus.

Seine Schwester sei für ihn ein „notwendiges, zu mehr Vorsicht neigendes Korrektiv“ gewesen, sagte Hans Peter Stihl einmal: „Wenn ich, was gelegentlich vorkam, allzu hochfliegende investive Pläne hatte, holte sie mich auch einmal zurück.“ Bruder und Schwester teilten sich viele Jahre ein Büro – und zogen sich beide im Jahr 2002 aus dem operativen Geschäft zurück.

Aus der Andreas-Stihl-Stiftung wurde die Eva Mayr-Stihl-Stiftung

Eva Mayr-Stihl wechselte in den Stihl-Beirat und engagierte sich in der gemeinnützigen Stiftung, die sie und ihr Mann Robert Mayr im Jahr 1986 gegründet hatten. Ursprünglich trug diese den Namen des Firmengründers Andreas Stihl. Das führte jedoch zu Missverständnissen. Zum Zwecke einer klaren Trennung zwischen dem Unternehmen Stihl und der privat finanzierten, gemeinnützigen Stiftung wurde diese 2004 in Eva Mayr-Stihl-Stiftung umbenannt.

Deren Förderschwerpunkte liegen in der Medizin und Forschung sowie Kunst, Kultur und Tierschutz. Seit ihrer Gründung hat die Stiftung nach eigenen Angaben mehr als 60 Millionen Euro für satzungsmäßige Zwecke vergeben. „Besonders am Herzen liegt mir, der Region etwas zurückzugeben, in der ich verwurzelt bin“ – so hat die Stifterin ihre Beweggründe beschrieben. Tatsächlich begegnet man ihrem Namen in Waiblingen auf Schritt und Tritt: Die Galerie Stihl und die Kunstschule gehören zu den Förderprojekten, sie sind wie die Skulptur „Pavillon für Waiblingen“ von Olafur Eliasson zu modernen Wahrzeichen der Stadt geworden.

Behandlung von Krebspatienten

Auch anderswo profitieren Menschen von der Stiftung: Das „Stuttgart Cancer Center (SCC) – Tumorzentrum Eva Mayr-Stihl“ am Klinikum Stuttgart, in dem Experten fach- und berufsgruppenübergreifend bei der Behandlung von Krebspatienten zusammenarbeiten, gäbe es ohne Stiftungsgelder ebenso wenig wie die jüngst in Winnenden eröffnete Frauenmilchbank.

„Alle, die ihr begegnet sind, werden ganz eigene Erinnerungen an sie haben, an eine besondere Frau, eine Unternehmerin, die an ihre Mitmenschen dachte und der Gesellschaft viel zurückgegeben hat und dies über ihre Stiftung weiter tut“, sagte Andreas Hesky. Ein ehemaliger Beschäftigter der Firma formulierte es im digitalen Kondolenzbuch so: „Als Mitarbeiter hatte ich das Glück, ihr hin und wieder zu begegnen.“