Gottesdienste, Hochzeiten, Taufen, Konfirmation, Gemeindefeste – hier erleben die Menschen die Kirche in ihrem Wesenskern. Doch neben den geistlichen Aufgaben steht auch viel profane Arbeit an, denn jede Gemeinde will verwaltet werden: Die Finanzen müssen stimmen, das Personal soll seinen Lohn bekommen, Gebäude müssen saniert oder umgebaut werden. Darum kümmern sich vor Ort bisher die Kirchenpfleger – mal auf Basis einer umfangreichen Teilzeitbeschäftigung, mal nur für wenige Stunden pro Woche, je nach Größe der Gemeinde. Doch diese örtliche Verwaltungsverantwortung wird bald Geschichte sein.
Bereits seit 2018 verfolgt die evangelische Landeskirche das Vorhaben, die Kirchenpflege umzubauen und zu zentralisieren. Denn die Herausforderungen vor Ort wachsen, die Aufgaben werden komplexer und sind von Einzelkämpfern kaum noch zu stemmen. Zudem ist absehbar, dass sich langfristig ein Personalproblem auftut. Viele altgediente Kirchenpfleger gehen ihrer Aufgabe in der Gemeinde mit Herzblut und großem Einsatz nach – dass sich dies in der nächsten Generation so beibehalten lässt, ist schwer vorstellbar.
Mit der Umsetzung der Reform im Kreis Böblingen ist Maren Stepan betraut. Die 39-Jährige ist bereits seit Anfang 2023 Verwaltungschefin des Böblinger Kirchenbezirks, wurde nun aber zur Leiterin der neu geschaffenen Evangelischen Regionalverwaltung (ERV) befördert. Diese Organisation soll die Kirchengemeinden im Kreis Böblingen zukünftig zentral verwalten. Dass dadurch viele Menschen mit großen Veränderungen konfrontiert sind, liegt auf der Hand. „Ich muss gerade vielen Kolleginnen und Kollegen, die jahrelang den Job super gemacht haben, erklären, dass wir uns strukturell neu aufstellen“, erläutert Stepan. „Für manche bedeutet das, dass sie anders arbeiten sollen, für manche, dass sie gar aufhören müssen.“
Viele Menschen mit vielen Ängsten
Die ERV wird auf mehrere Standorte in Böblingen, Sindelfingen, Herrenberg und Leonberg aufgeteilt sein. Insgesamt rechnet Maren Stepan mit 30 bis 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der ERV, die die Gemeinden als Team und mit unterschiedlichen Spezialisierungen verwalten sollen. Die Kirchenbezirke Böblingen, Herrenberg und Leonberg, die zudem bald fusionieren sollen, zählen aber insgesamt fast 70 Kirchengemeinden – aktuell jeweils noch mit Kirchenpflegern ausgestattet, die wiederum ganz unterschiedliche Arbeitszeitbudgets haben.
Auch die Sekretärinnen der Gemeindebüros sind zum Teil betroffen. Sie haben allerdings in der Regel unbefristete Anstellungsverhältnisse, während die Kirchenpfleger grundsätzlich auf Zeit gewählt sind. Kurzum: ein sehr komplizierter Prozess.
„Wir versuchen, die Betroffenen stark zu beteiligen und Ängste zu nehmen“, betont Stepan. Neben Informationsgesprächen mit vier Personen pro Gemeinde ist derzeit ein Fragebogen im Umlauf, um die Wünsche und Bedürfnisse abzufragen. „Das werde ich in diesem Sommer auswerten“, berichtet die Holzgerlingerin, „wir versuchen, ein gutes Ergebnis hinzubekommen, werden es aber sicher nicht allen recht machen können.“ Bis März 2025 sollen die Betroffenen wissen, wo sie arbeiten werden. Von der Landeskirche vorgegeben ist der 1. Januar 2026. Bis dahin muss die Reform umgesetzt sein.
Langeweile ausgeschlossen
„Maren Stepan hat keine leichte Aufgabe übernommen“, weiß der Böblinger Dekan Markus Frasch, „aber mit ihrer optimistischen und fröhlichen Art und ihrem gewinnenden Wesen ist sie genau richtig an dieser Stelle.“ Zumal Stepan umfangreiche Erfahrungen in kirchlicher Verwaltung mitbringt. Die 39-Jährige, die in Altdorf aufgewachsen ist und jetzt mit ihrer Familie in Holzgerlingen wohnt, hat viele Jahre in verschiedenen Abteilungen des Oberkirchenrats in Stuttgart gearbeitet. Seit Anfang 2023 ist sie Bezirksrechnerin und Kirchenpflegerin in Böblingen. Eins ist klar: Langweilig wird ihr in den nächsten Monaten nicht.
Antritt Am Freitag, 12. Juli, wird Maren Stepan in einem Gottesdienst mit Empfang in ihr Amt eingeführt. Der Gottesdienst beginnt um 16 Uhr in der Paul-Gerhardt-Kirche in Böblingen.