Es gibt wohl kaum eine Branche, die nicht vom Fachkräftemangel betroffen ist. Doch die evangelische Kirche Stuttgart steht durch ihre verschiedenen Arbeitsbereiche vor besonderen Herausforderungen.

Stuttgart - Es gibt wohl kaum eine Branche, die nicht vom Fachkräftemangel betroffen ist. Doch die Evangelische Kirche Stuttgart steht durch ihre verschiedenen Arbeitsbereiche vor besonderen Herausforderungen. Die rund 3500 Mitarbeiter sind vor allem in der Pflege und im pädagogischen Bereich angestellt. Also genau da, wo verschiedene Träger im Kampf um Erzieher für Kitas und Pflegepersonal in Heimen im scharfen Wettbewerb sind.

 

Noch sei alles im grünen Bereich, berichtet Stadtdekan Søren Schwesig, man habe derzeit im Kirchenkreis nur 40 offene Stellen. Aber weil – durch den demografischen Wandel getrieben – die Pflegekräfte immer begehrter werden, hat Schwesig eine doppelte Strategie ersonnen: Erstens will er die Attraktivität des Arbeitgebers Kirche noch besser darstellen. Zweitens will er diese Berufe für Menschen anderer Religionen öffnen: „Ich würde gerne auch Muslime in der Diakonie oder in Kitas arbeiten lassen. Ich empfinde das für zeitgemäß.“ Dabei stützt er sich auch auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Der EuGH entschied, dass die Religionszugehörigkeit für einen Job bei einer Kirche für diese berufliche Tätigkeit „notwendig“, „objektiv“ geboten und verhältnismäßig sein müsse. Schwesigs Vorbild dabei ist die Landeskirche Hessen-Nassau, in der Nicht-Christen arbeiten dürfen. „So etwas würde ich mir hier wünschen.“

Ärger unter Protestanten ist programmiert

Natürlich weiß der Stadtdekan, dass dieser Vorstoß zur Öffnung unter den Protestanten nicht ungeteilte Freude hervorrufen wird. Daher gibt er Leitplanken für derartige Beschäftigungsverhältnisse vor. Ausgeschlossen sei, dass ein Nicht-Christ in der Verkündigung oder einer ähnlichen Position arbeite. Dort sei eine evangelische Kirchenmitgliedschaft verpflichtend. In anderen Bereichen reicht ihm jedoch, dass derjenige niederlegt, dass er den christlichen Glauben respektiert. „Religiöse Klarheit heißt auch, ich habe jemanden dabei, der anders glaubt als ich, aber wertschätzend mit unserem Glauben umgeht“, so Schwesig. Weiter sagt er: „All das bedeutet nicht, dass wir nicht weiter unser evangelisches Profil schärfen sollen. Aber wir brauchen in der Zukunft diese Flexibilität, die freilich nicht auf Kosten der Eindeutigkeit gehen darf.“ Dies sei ein Spagat, den er seiner Kirche zutraue.