Die evangelische Gesamtkirchengemeinde Stuttgart will mehr auf ihre Mitglieder zugehen. Mit dem Pilotprojekt „Kirchenpost“ sollen Neuzugezogene, frischgebackene Eltern und auch jüngere Menschen angesprochen werden.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Die evangelische Kirche Stuttgart intensiviert den Kontakt zu ihren Mitgliedern. Zu diesem Zweck hat die Gesamtkirchengemeinde das Pilotprojekt „Kirchenpost“ entwickelt. Diese bekommen neu zugezogene Kirchenmitglieder, frisch gebackene Eltern und Personen, die einen runden Geburtstag feiern.

 

Stadtdekan Søren Schwesig erinnerte bei der Präsentation an die Untersuchung des statistischen Amts zur religiösen Vielfalt in der Stadt. Danach ist der Anteil der evangelischen und der katholischen Kirchenmitglieder an der Gesamtbevölkerung erstmals unter 50 Prozent abgesunken (wir haben berichtet). Der Anteil der evangelischen Kirchenmitglieder liegt noch bei 26 Prozent, gegenwärtig sind es rund 152 600 Menschen. Im vergangenen Jahr hat sich der Schwund mit minus 2100 Mitgliedern verlangsamt. Und es ist für den evangelischen Stadtdekan eine gute Nachricht, dass zwei Drittel aller Befragten erklärt haben, dass sie sich doch als christlich begreifen. „Das ist eine erstaunlich hohe Zahl“, erklärte Schwesig und fügte hinzu: „Die Aufgabe ist, mit diesen Menschen auch ins Gespräch zu kommen.“

Jesustreff und Gospel im Osten sehr erfolgreich

Ein wichtiger Schritt ist für Søren Schwesig, dass der Jesustreff, der eine feste Bleibe in der Martinskirche im Norden erhält, und die offene Gemeinschaft Gospel im Osten, die an der Friedenskirche einen neuen Ort hat, nun auch institutionell an die Landeskirche angebunden sind. Beide sind durch ihre auch für jüngere Menschen attraktiven Gottesdienstformen sehr erfolgreich. Der Jesustreff wie das Gospelhaus seien „eine große Bereicherung“, sagte der Stadtdekan, sie böten auch „Rückkehrern aus Freikirchen“ eine Heimat.

Das Pilotprojekt „Kirchenpost“ wiederum soll die „Mitgliederbindung in den Gemeinden“ stärken und auch jene erreichen, die kaum Kontakt mit der Kirche haben. Astrid Riehle, Pfarrerin und Referentin im Stadtdekanat, räumt ein, dass es in den Gemeinden heute schon Zuschriften an Mitglieder gebe: Gemeindebriefe, Geburtstagswünsche oder Post für Neuzugezogene. Die neuen Anschreiben aber seien nicht nur besonders ansprechend, diese sollen ihre Adressaten auch frühzeitig erreichen und weitere Gruppen von Kirchenmitgliedern in den Blick nehmen.

Auch jüngere Menschen bekommen Geburtstagsbrief

So erhalten neu zugezogene Gemeindemitglieder schon kurz nach dem Einzug einen Willkommensbrief. Er ist als aufklappbarer Umzugskarton gestaltet und enthält eine Grußkarte des Pfarrers und Kontaktdaten. Bei der Gesamtkirchengemeinde, die 21 Pfarreien in den Innenstadtbezirken mit 52 000 Mitgliedern umfasst, geht man von etwa 5000 Anschreiben im Jahr aus. Die ersten 150 sind schon raus. Junge Eltern erhalten innerhalb der ersten vier Wochen nach der Geburt ihres Kindes eine Glückwunschkarte, dazu eine freundliche Klappkarte mit Kindergebeten und ein Angebot für ein Taufgespräch. Zu Pfingsten, „dem Geburtstag der Kirche“, so Astrid Riehle, sollen alle Gemeindemitglieder, die in dem Jahr einen runden Geburtstag feiern – also auch all jene, die 20, 30, 40, 50 oder 60 Jahre alt werden –, ein Glückwunschschreiben vom Stadtdekan bekommen. Hier geht man von etwa 4400 Briefen pro Jahr in der Gesamtkirchengemeinde aus. Anders als bisher erhalten auch jüngere Kirchenmitglieder Geburtstagsgrüße, bisher hatte man damit erst bei den 70-Jährigen begonnen. Doch die größte Gruppe seien die 30-Jährigen, darunter viele „Berufsstarter“, so Riehle.

Stadtdekan Søren Schwesig ist überzeugt, dass das Pilotprojekt „ein Zukunftsmodell auch für andere Gemeinden wird“. Es werde in Bayern schon erfolgreich praktiziert. Die Landeskirche unterstützt das rund 10 000 Euro teure Projekt finanziell.