Das Ferienwaldheim 2015 ist zu Ende und die Tage für das Haus an der Eichenparkstraße gezählt: Das Gebäude aus dem Jahr 1878 wird abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. Die Interimslösung für das Waldheim 2016 steht auf wackligen Füßen.

Sillenbuch - Nachmittags bilden die Kinder eine lange Kette und umarmen das Haus. Die Sommerferien neigen sich dem Ende zu, um 17 Uhr an diesem Freitag werden die Tage, die die Kinder im Waldheim Sillenbuch an der Eichenparkstraße verbracht haben, vorbei sein. Doch die Abschiedsgeste der 135 kleinen Armpaare gilt nicht nur der gemeinsamen Zeit, sie richtet sich auch an das Gebäude mit der Nummer 16. Denn auch seine Tage sind gezählt: Das in die Jahre gekommene Haus – 137 Jahre, um genau zu sein – weicht einem Neubau.

 

Wenn alles planmäßig läuft, wird die Baustelle in den Herbstferien eingerichtet. Der Abbruch kann dann beginnen, der Neubau soll binnen eines Jahres fertiggestellt werden. Bezuschusst von der Stadt lässt sich die Kirchengemeinde das Projekt 1,3 Millionen Euro kosten, wobei das nur eine vorläufige Schätzung sei.

Altbau von 1878

„Schweren Herzens haben wir den Abriss beschlossen“, sagt Klaus Offterdinger, der zweite Vorsitzende des Kirchengemeinderats der evangelischen Kirchengemeinde Sillenbuch. Schweren Herzens, weil der Plan ein anderer war: Das Gebäude aus dem Jahr 1878 sollte erhalten und saniert werden. So lautete der Beschluss, als 2008 der Neubau im hinteren Teil des Grundstücks, den heute die französischen Vorschule Ecole Maternelle nutzt, erstellt wurde.

Doch dann wurde klar, dass der Zahn der Zeit zu viele Bissspuren im Gebälk hinterlassen hatte: „Der Keller ist feucht, im Dachgeschoss hat es einen Wasserschaden gegeben und es bröckelt der Putz“, sagt Offterdinger. Der 43-Jährige verbrachte selbst als Kind und Jugendlicher viele Ferien hier. Seit 1951 richtet die Kirchengemeinde in der ehemaligen Gaststätte Waldhorn Waldheimfreizeiten aus.

Der Doppelnutzung entsprechend

Ersatz für die Mauern, in denen sich wohl für viele erinnerungswürdige Momente abgespielt haben, wird laut Offterdinger „ein Gebäude, das ideal zur Nutzung passt“, also die Doppelnutzung durch die Ecole Maternelle in Schulzeiten und die des Waldheims während der Ferien. Wie Offterdinger erläutert, ermögliche der Neubau durch seine Raumaufteilung beispielsweise, dass die Ecole Maternelle nicht mehr nur eine Spielgruppe, sondern eine offizielle Krippengruppe für unter Dreijährige anbieten kann.

Der Saal, auf dessen Fischgrätparkett schon einige Familienfeiern vonstatten gingen und den die Vorschule als Bewegungsraum nutzt, wird ins Kellergeschoss verlegt. Im Dachgeschoss sind drei Wohnungen vorgesehen. Viel größer als der Altbau soll das neue Gebäude aber nicht werden.

Problem Interimslösung

Die Pläne stammen von den Stuttgarter Architekten Michel, Wolf und Partner, die auch schon den Neubau von 2008 entwarfen. Damit soll laut Offterdinger sichergestellt werden, dass sich die beiden Gebäude problemlos aneinander fügen.

Ein Problem gibt es allerdings noch: das Ferienwaldheim 2016. Damit die Kinder sich wie gewohnt darauf freuen können und die Eltern ihren Nachwuchs versorgt wissen, möchten die Verantwortlichen im nächsten Sommer einen Teil des Geschwister-Scholl-Gymnasiums für das Waldheim mieten. Für diese Lösung gab es seitens der Schulleitung und der Schulverwaltung bereits grünes Licht. Allein: Das Schulverwaltungsamt habe, wie Klaus Offterdinger sagt, die Miete für die Räume stundenweise angesetzt, wodurch die Kosten zu hoch würden.

Waldheim eventuell in kleinerer Form

Die einzige für Offterdinger denkbare Alternative wäre, das Waldheim 2016 in kleinerer Form an der Eichenparkstraße sattfinden zu lassen. Doch das sei die weit schlechtere Option, zum einen wegen der unsicheren Variable Baustelle, zum anderen, weil dann die Kinder, die teilnehmen dürfen, wieder ausgelost werden müssten.

Einen Plan C gibt es laut Offterdinger nicht: „Es kann doch nicht sein, dass es am Geld scheitert.“ Als 2008 gebaut wurde, wich das Waldheim nach Möhringen aus. Doch nachdem die meisten der Kinder, die einen Teil ihrer Sommerferien an der Eichenparkstraße verbringen, aus dem Bezirk kommen, „wollen wir hier bleiben“, sagt er.

Für den Waldheimleiter Philipp Müller ist der Abriss „schon etwas seltsam“, wie er sagt. Doch der 26-Jährige freut sich auf den Neubau. Und die Kinder? Sie freuen sich auf das nächste Mal im Waldheim – vermutlich ungeachtet des Ortes.