Die Evangelische Kirchengemeinde Stuttgart-Zuffenhausen gibt eine Benefiz-Karte zu Ehren des Widerstandspfarrers Gotthilf Schenkel heraus

Zuffenhausen - Manchmal fügen sich die Puzzle-Teile ganz von alleine zu einem Bild zusammen: Im Fall der evangelischen Kirchengemeinde sind es genau genommen sogar zwei Bilder: Ein Aquarell der Zuffenhäuser Pauluskirche im Stil ihres Buntglasfensters und eine Bleistiftzeichnung. Als Benefiz-Karte würdigen beide Motive den Widerstandspfarrer Gotthilf Schenkel (1889 bis 1960), dessen Todestag sich am 10. Dezember zum 60. Mal jährt. Der Erlös geht an den örtlichen Krankenpflegeverein, und eine Werkschau im Frühjahr könnte die Tradition der Ausstellungen im Paulusstüble neu beleben.

 

Anonymer Spender ermöglicht das Projekt

„Es hat einfach alles gepasst“, sagt Pfarrer Dieter Kümmel. Ein Spender, der anonym bleiben möchte, signalisierte seine Bereitschaft, ein Projekt der Kirchengemeinde zu unterstützen. Dann traf Kümmel zufällig eine frühere Konfirmandin wieder: Katharina Schaaf pendelt derzeit für ihr Psychologiestudium zwischen Zuffenhausen und Ulm. Davor hatte sie sich zwei Jahre an der Freien Kunstakademie Nürtingen ausbilden lassen und war so genau die Richtige, um die Motive für die angedachte Benefizkarte zu gestalten.

Es entstanden gleich zwei: Das farbenfrohe Aquarell in Anlehnung an das von Christian Oehler (1909 bis 1986) gestaltete Chorfenster. Und eine Bleistiftzeichnung, mit der Katharina Schaaf vom Kulturzentrum am Bahnhofsvorplatz aus gen Alten Flecken blickt und sich die Häuser um die Pauluskirche zu scharen scheinen. Kümmel räumt ein, dass es sich um eine idealisierte Darstellung handle. Aber es sei darum gegangen, das Eingebettetsein der Kirche in den Ort zu symbolisieren.

Die beiden Karten ehren nun einen großen Zuffenhäuser Pfarrer: Gotthilf Schenkel war von 1918 bis 1933 erst Vikar, dann Pfarrer an der Pauluskirche und hat schon früh vor den Nationalsozialisten gewarnt. Berühmt geworden ist seine Forderung bei einer Stuttgarter Großkundgebung im Jahr 1933: „Und wenn die Welt voll Nazis wär, das Reich [der Gerechtigkeit, der Menschenliebe und des Friedens] muss uns doch bleiben.“ Sein Mut kostete ihn das Amt in Zuffenhausen. Nach dem Krieg engagierte er sich politisch und wurde 1952 der erste Kultminister (damals noch ohne „us“) von Baden-Württemberg.

Schild soll an den Widerstandspfarrer erinnern

An sich hätte ihm zu Ehren auch ein „Schenkel-Abend“ stattfinden sollen, der aber wegen der verschärften Corona-Auflagen abgesagt werden musste. Dafür möchte man in der Kirche eine „Schenkel-Ecke“ mit Literatur von und über ihn einrichten. An der Pauluskirche soll künftig außerdem ein Hinweisschild an den Widerstandspfarrer erinnern.

Der Erlös aus dem Verkauf der Benefiz-Karte geht an den Zuffenhäuser Krankenpflegeverein, der unter anderem den ambulanten Pflegedienst der Sozialstation unterstützt und auch über einen eigenen kleinen Fonds für Härtefälle verfügt, wie Kümmel erzählt. Die Karte, die sich auch hervorragend als Weihnachtsgruß eignet, ist im Anschluss an die Gottesdienste in der Pauluskirche erhältlich, im Weltladen sowie bei Abnahme einer größeren Stückzahl auch im Gemeindebüro.

Durch die Zusammenarbeit mit Katharina Schaaf könnte sich auch noch eine weitere Türe in der Gemeinde öffnen: Voraussichtlich im Frühjahr möchte sie aus dem Gemeindefundus eine Werkschau mit Fotografien, Bildern und Zeichnungen zur Pauluskirche zusammenstellen. Sie unterstreicht, dass sie damit auch gerne die Tradition der Ausstellungen im Paulusstüble neu beleben möchte, wie sie bis 2005 stattfanden: „Es hängt aber davon ab, ob Künstler dort ausstellen wollen und wie die Besucher das annehmen.“