Jugendliche bringen sich immer stärker bei der Betreuung im Evangelischen Ferienwaldheim ein. 26 pädagogische Mitarbeiter betreuen noch bis Ende August 141 Kinder.

Riedenberg - Der Platz neben Noah Petschi bleibt nicht lange frei. Kaum hat er sich auf der Rutsche niedergelassen, klettern schon einige Kinder die Leiter hoch, eines steigt auf seine Schultern. Der 20-Jährige lässt es sich gern gefallen. Fast sieht es so aus, als wäre er selbst ein etwas hochgewachsener Steppke. Petschi würde über den Vergleich wohl lachen. Schon seit fünf Jahren ist er Leiter bei den Ferienfreizeiten der Evangelischen Kirchengemeinde Sillenbuch – und ist immer wieder erstaunt, was die Sommerwochen mit ihm machen. „Wenn ich mit Sechs- bis Siebenjährigen durch den Raum springe und dann plötzlich jemand ,Eis‘ ruft, und wir alle Grimassen machen, frag ich mich schon, was mit mir los ist“, sagt Petschi. Er lacht und macht damit klar, dass er es eigentlich ganz genau weiß – und dabei seinen Spaß hat.

 

Immer weniger Studenten

Noah Petschi ist einer von 26 sogenannten pädagogischen Mitarbeitern beim diesjährigen Ferienwaldheim in Riedenberg. Noch bis Ende des Monats werden er und seine Kollegen insgesamt 141 Kinder betreuen. Bei den pädagogischen Mitarbeitern handelt es sich um ehrenamtliche Betreuer. Sie sind in diesem Jahr zwischen 15 und 21 Jahre alt. „Die jungen Freiwilligen übernehmen immer mehr Verantwortung für unser Ferienwaldheim“, sagt der Kirchengemeinderat Klaus Offterdinger. Eine Entwicklung, die er bemerkenswert findet. Denn die Jugendlichen übernehmen zum Teil die Verantwortung für andere, die nur ein Jahr jünger sind als sie selbst. „Das Waldheim funktioniert schon immer, weil wir ehrenamtliche Helfer haben“, sagt Offterdinger. Allerdings seien in früheren Jahren besonders oft Theologie-Studenten dabei gewesen. Jetzt sind es oft Jugendliche, die selbst Freizeiten im Waldheim verbracht hätten, sagt er. und ergänzt: „Das Studium ist heute so durchgetaktet. Das dürfte der Grund dafür sein, dass sich Studenten inzwischen immer seltener engagieren.“

Die 15-jährige Julia Treiber war im vergangenen Jahr zum Beispiel selbst noch Waldheim-Kind. Sie wusste allerdings, dass sie gern im kommenden Jahr die Rollen tauschen würde. Mit 15 Jahren ist es möglich, selbst eine Gruppe von Kindern im Ferienwaldheim zu betreuen. Deshalb hat sie mit anderen Gleichaltrigen beim Projekt 14 mitgemacht. Bei dem können die ältesten der Waldheimkinder sich schon mal als Assistenten der pädagogischen Mitarbeiter einbringen und ein bisschen üben.

Spaß an Arbeit mit den Kindern

In diesem Sommer muss Julia Treiber selbst das Tagesprogramm der Kinder planen, sie beim Spielen anleiten und ein Auge darauf haben, dass die Kinder in ihrer Gruppe keinen Blödsinn machen. Dabei sind manche Jugendliche im Ferienwaldheim nur unwesentlich jünger als sie selbst. „Wir können dann die Dinge diskutieren, das ist eigentlich ganz leicht“, sagt sie. Anders sei es, wenn die Kinder um einiges jünger sind als sie. „Die Kleinen haben ihren eigenen Kopf. Dann muss ich auch manchmal ein bisschen lauter werden“, sagt sie.

Die 15-Jährige weiß noch nicht, was sie später beruflich machen will. Sie opfert aber nicht einen Teil ihrer Sommerferien aus Vernunft, etwa weil sie Erfahrung sammeln möchte für einen Beruf, der etwas mit Kindererziehung zu tun hat. Im Gegenteil, sie macht es aus Spaß. „Es kann sein, dass die Arbeit manchmal stressig ist, aber es ist immer ein schöner Stress“, sagt sie. Die Kinder kämen zu Beginn der Ferienfreizeit im Waldheim oft an und hätten Heimweh, am Ende würden sie dagegen gar nicht mehr wegwollen, sagt Julia Treiber. Es sei schön, das zu beobachten. Sie freut sich, dass sie zu der Wandlung etwas beitragen kann.

Mitarbeiter teilweise ehemalige Waldheimkinder

Noah Petschi erwartet dagegen durchaus, dass ihm sein ehrenamtliches Engagement im späteren Berufsleben nützlich sein wird, obwohl er keinen pädagogischen Beruf ergreifen will. Er nennt ein naheliegendes Argument und verweist auf die Führungskompetenzen, die ein Jugendlicher lernt, wenn er Jüngere anleitet. Dennoch, auch ihm geht es um etwas anderes. „Ich war selbst ein Waldheimkind, und viele meiner Freunde waren es auch. Für mich ist das wie ein Stück Familie“, sagt er.

Der schwierigste Moment bei der Betreuung der Kinder im Ferienwaldheim sei übrigens, wenn der Zeitplan nicht aufgeht, sagen Noah Petschi und Julia Treiber. Dann gelte es, ungeplante Lücken zu füllen. „Zum Beispiel, wenn wir Blumentöpfe streichen und die Kinder viel schneller fertig sind, als wir es erwartet haben“, sagt Noah Petschi. Dann müsse verhindert werden, dass Langeweile aufkommt, sagt der 20-Jährige: „Faules Ei spielen geht zur Not aber immer.“