Die evangelische Gemeinde verteidigt die Einschränkung ihres Angebots für die Anwohner im Tagungszentrum. Der Saal, in dem bis zum Umbau Kaffee und Kuchen angeboten worden sind, wird nun größtenteils von der Landeskirche belegt.

Birkach - Der Vorwurf der sozialen Kälte steht im Raum. Ein Leser hatte sich im Internet kritisch über die evangelische Gemeinde in Birkach geäußert. In einem Kommentar bedauert er, dass das Haus Birkach nicht mehr für jedermann Kaffee und Kuchen anbietet. „Für viele ältere Bürger war das Haus zu einem Treffpunkt geworden, der ohne Mitgliedshürden und Verabredungen funktionierte wie früher das Gasthaus“, schreibt er. Die evangelische Gemeinde habe gerade älteren Bürgern eine Möglichkeit genommen, sich zu treffen – und das in einem Bezirk, der wenig Alternativen biete.

 

Selbes Angebot nun im Nikolaus-Cusanus-Haus

Rolf Lehmann, der ehemalige Wirtschaftsbürgermeister und bei der Landeskirche einst an der Planung des Hauses Birkach beteiligt, findet den Vorwurf absurd. Erstens gebe es nach wie vor am Sonntag Kaffee und Kuchen im Haus Birkach. Zweitens könnten die Birkacher für wenig Geld auch in das nahe gelegene Nikolaus-Cusanus-Haus gehen. „Im Haus Birkach gab es nichts anderes als Kaffee und Kuchen zu einem annehmbaren Preis, also genau das Angebot, das es auch im Nikolaus-Cusanus-Haus gibt.“

Der Saal, wo bis zum Umbau des Tagungszentrums Kaffee und Kuchen angeboten worden sind, ist nun während der Woche meist für Veranstaltungen der Landeskirche reserviert. Diese hat den überwiegenden Teil der 16,5 Millionen Euro bezahlt, die 2012 die Sanierung des Gebäudes gekostet hat, sagt Rolf Lehmann. „Da versteht es sich von selbst, dass die Landeskirche das Haus Birkach zu einem großen Teil nutzt.“ Zumal die Nachfrage nach dem Nachmittagskaffee aus der Sicht von Lehmann ohnehin gering gewesen sei. „Da kamen oft nur zwei Leute an einem Nachmittag, und niemand hat sich gefragt, wie wir das finanzieren.“

Nun auch Platz für Frauen- oder Missionsarbeit

Im Haus Birkach bildet die Landeskirche Pfarrer und Religionslehrer aus. Doch viele Dienste, die bisher in der Innenstadt im Hospitalhof an der Gymnasiumstraße angesiedelt waren – wie zum Beispiel die Frauen- oder Missionsarbeit –, finden nun ihren Platz in Birkach. Die Nutzung des Gebäudes durch die Birkacher Gemeinde macht nur einen Bruchteil der Belegung aus, sagt Lehmann. Die Nutzung des Studienzentrums versteht er auch als Signal dafür, dass der Standort Birkach für die Landeskirche wichtig ist.

Ohnehin sei die evangelische Gemeinde in Birkach gut aufgestellt, obwohl auch Birkach für die christlichen Kirchen keine Insel der Glückseligen ist und immun gegen Kirchenaustritte. „Trotzdem ist es gelungen, unsere Angebote in Birkach bisher zu erhalten. Die Katholiken sind stärker betroffen“, sagt Lehmann.

Fehler der 50er- und 60-er müssen nun korrigiert werden

Die Frage nach den Leistungen der Kirche für das Allgemeinwohl betrachtet Lehmann nüchtern: „Natürlich kann niemand erwarten, dass wir uns auf Dauer Dinge aus einer Zeit leisten können, als sich nahezu 100 Prozent der Menschen zu den Konfessionen bekannt haben“, sagt er. In den 50er- und 60er-Jahren hätten beide Kirchen den Fehler gemacht, zu viel in Gebäude und Angebote zu investieren. Das muss nun korrigiert werden, sagt Lehmann. „Unsere Lösung für das Haus Birkach ist die idealste überhaupt.“ Dass davon nicht alle Birkacher überzeugt sind, ist Lehmann bewusst. Für ihn ist jedoch das Gefühl, dass den Birkachern mit dem Umbau des Hauses etwas weggenommen worden ist, nicht mehr als genau das – ein Gefühl.