Da hat die Rebellion in Untertürkheim aber schnell ihre Grenzen gefunden.
Solche Generationenkonflikte gibt es immer. Mein Sohn war in einem Sprachkurs in Irland und rief mich an: „Papa, ich möchte mir den Knöchel tätowieren lassen!“ Glücklicherweise hat er es nicht gemacht.
Sie haben Anfang der 1970er Jahre in Tübingen Jura studiert. Wie haben Sie es damals mit Marx und Mao gehalten?
Das war schon damals nicht meine politische Richtung, und den damaligen Studentenstreiks konnte ich nichts abgewinnen. Eigentlich bin ich in Tübingen nie heimisch geworden, das Verhältnis von Studenten zu „Einheimischen“ stimmt nicht. Ich behielt deshalb auch während meiner Tübinger Zeit meinen Lebensmittelpunkt in Stuttgart.
Waren Sie als Student sehr ehrgeizig?
Anfangs überhaupt nicht. Die ersten drei Semester habe ich im Tübinger Clubhaus nächtelang nur Skat gespielt. Ab dem fünften Semester fing ich an, hart zu arbeiten. Ich wollte unbedingt ein gutes Examen machen, das war für mich der Türöffner.
Zu welcher Karriere?
Ich wollte Anwalt werden. Mein Vater hat mich fürs Leben geprägt: Den Drang zur Selbstständigkeit habe ich von ihm übernommen, in seiner Leistungsorientierung war er für mich Vorbild. Außerdem kann ich schlecht verlieren – genau wie er.
Ich nehme an, er hat Ihr Studium finanziert.
Nein. Ich habe dort unten beim Daimler als Werkstudent auf dem Motorenprüffeld gearbeitet. Im Werk Untertürkheim bekam ich mein erstes Zeugnis als Hilfsschlosser. Die Zeit war toll, trotz der Zwölf-Stunden-Schichten, die ich manchmal hatte. Ich musste mich durchbeißen und erlebte, was Mobbing damals bedeutete, nämlich tote Ratten im Spind. Heute ist das zu Recht unvorstellbar.