In den ersten fünf Jahren nach der Wende wechseln rund 150 ehemalige DDR-Spieler in den Westen. Das wiedervereinigte Deutschland werde künftig unschlagbar sein, sagt Franz Beckenbauer nach dem WM-Triumph 1990. Ein Irrtum: die DFB-Auswahl muss 24 Jahre auf den nächsten WM-Titel warten. Und Eduard Geyer, der eisenharte Erfolgstrainer mit Stasivergangenheit, wartet vergeblich darauf, seine Erfahrung einbringen zu dürfen.
Schon ein paar Monate nach dem Fall der Mauer sind Sie bei Dynamo Dresden zurückgetreten. Es heißt, die Spieler hätten gegen Ihren autoritären Stil aufbegehrt.
In so einer Zeit, in der es keine klaren Regeln mehr gibt, merkt man rasch, dass auch gegen dich gearbeitet wird. Deshalb wurde mir schnell klar, dass es so, wie ich mir das immer vorgestellt habe, nicht mehr funktioniert. Aber ich machte mir keine Sorgen. Ich war ein erfolgreicher Clubtrainer, ich war Nationaltrainer – ich habe gedacht: na gut, für dich geht die Karriere weiter.
Es ging aber erst einmal nicht weiter.
Bei den Clubs im Osten hat man nach der Wende vielen Scharlatanen geglaubt und gedacht, der Westen sei der Heilsbringer und würde den Fußball neu erfinden. Da war man sehr blauäugig. Die Funktionäre haben fünftklassige Westtrainer geholt, die im Osten nicht funktioniert haben.
Und bei den Proficlubs im Westen gab es keine Nachfrage nach Osttrainern?
Nein. Man wollte die Trainer aus dem Osten nicht. Das war ja nicht nur im Fußball so. Ob im Biathlon, Radfahren oder Schwimmen – in vielen Sportarten gab es herausragende und bis dahin sehr erfolgreiche Trainer, die nicht mehr gefragt waren. Nach der Wiedervereinigung wurde alles abgelehnt, was aus der DDR kam. Das war aus meiner Sicht ein schwerer Fehler. Denn was in der DDR am besten funktioniert hat, noch besser als im Westen – das war der Sport.
Da mag auch Doping eine Rolle gespielt haben.
Man darf das nicht nur auf Doping reduzieren. Im Fußball hatten wir die beste Nachwuchsarbeit, die es überhaupt gab. Nur: das hat der Westen nie begriffen. Das, was im wiedervereinigten Deutschland 2000 mit der Einführung von Nachwuchsinternaten und Stützpunkten begann, das hatten wir schon lange vor der Wende. Schule, Beruf und Sport in Einklang zu bringen – das war bei uns eine Selbstverständlichkeit. Diese Systematik hätte man 1990 weiterführen müssen. Es war dumm, das nicht zu tun.