Jahrelang hat das Landesamt für Besoldung und Versorgung fälschlicherweise doppelt Steuern abgeführt. Der frühere Finanzminister Nils Schmid sagt, er habe von den jetzt bekannt gewordenen Vorgängen nichts gewusst.

Stuttgart - Baden-Württembergs früherer Finanzminister Nils Schmid (SPD) hat nach eigenen Angaben von der Steuerpanne im Landesamt für Besoldung nichts gewusst. „Bis zur Zeitungslektüre am heutigen Morgen war mir dieser Vorgang nicht bekannt. Daher kann ich auch keine näheren Angaben dazu machen“, sagte der SPD-Politiker am Donnerstag unserer Zeitung.

 

Am Donnerstag hatte die Stuttgarter Zeitung berichtet, dass dem Land wegen Abrechnungsfehlern im Landesamt möglicherweise 50 Millionen Euro verloren gehen. Die Behörde hatte von mindestens 2008 bis 2014 Lohnsteuer für Beschäftigte doppelt abgeführt. Die Vorgänge fallen damit in die Amtszeit der früheren Finanzminister Willi Stächele (CDU) und Nils Schmid (SPD).

„Wir gehen nach heutigem Stand von einem Fehler einzelner Beschäftigter aus“, teilte Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) am Donnerstag mit. Eine vom Ministerium eingesetzte Arbeitsgruppe hat bereits begonnen, die Vorgänge im Landesamt zu untersuchen. Außerdem informierte Sitzmann die Generalstaatsanwaltschaft und den Finanzausschuss des Landtags.

„Dabei geht es auch um die Frage, ob es Hinweise auf strafrechtlich relevantes Verhalten gab“, sagte ein Sprecher des Ministeriums. Nach ersten Erkenntnissen seien neben der automatischen Abrechnung auch manuelle Anmeldungen erfolgt. „Deshalb wird die Revisionsgruppe auch untersuchen, weshalb keine Überwachungsmechanismen ausgelöst wurden“, so der Sprecher. Wenn Kontrollverfahren geändert werden müssten, werde dies umgehend geschehen.

Opposition fordert schnelle Aufklärung

Die Opposition im Landtag fordert, die Steuerpanne zügig aufzuklären. „Wir müssen möglichst schnell wissen, wie es zu den fehlerhaften Doppelzahlungen kommen konnte und warum nur zeitversetzt reagiert wurde“, erklärte SPD-Fraktionschef Andreas Stoch. Sein FDP-Kollege Hans-Ulrich Rülke sagte, es müsse geprüft werden, warum nach Einstellung der Doppelzahlungen 2014 die vorige Praxis nicht untersucht worden sei. Schließlich hätten sich die monatlichen Zahlungen um mehr als eine Million Euro verringert. Eike Möller vom Steuerzahlerbund forderte, Vorkehrungen zu treffen, um eine Wiederholung zu vermeiden.

Die zeitweilige Doppelzahlung war dem Finanzministerium im vergangenen Jahr aufgefallen, als es erstmals die Daten für die Vermögensabrechnung des Landes erhob. Darauf forderte es bei der Behörde eine Erklärung für die Unstimmigkeiten an. 38 Millionen Euro der zu viel gezahlten Gelder hat das Ministerium bereits zurückgefordert. Ob die übrigen 53 Millionen Euro der Verjährung unterliegen und damit nicht mehr zurückgefordert werden können, wird geprüft.