Stuttgart - Der Mittelstürmer mit der klassischen Rückennummer neun hat schon deutlich schwerere Aufgaben bewältigen müssen als am vergangenen Freitagabend. Ein verwandelter Elfmeter und ein Kopfball aus kürzester Distanz ins leere Tor – mühelos erledigte Pflichtübungen für Simon Terodde, der den Hamburger SV beim Saisonauftakt der zweiten Liga zu einem 2:1-Sieg gegen Fortuna Düsseldorf schoss. Beseitigt war die Sorge vor der nächsten Krise, die nach der 1:4-Pokalblamage bei Dynamo Dresden aufgekommen war, bei der Terodde wegen Oberschenkelproblemen zunächst auf der Bank gesessen hatte.
Jetzt hat dem Angreifer ein Spiel gereicht, um in Hamburg neue Aufbruchsstimmung zu schüren und den einstigen Bundesliga-Dino wieder einmal von besseren Zeiten träumen zu lassen. Der 32-Jährige ist im verjüngten HSV-Team der neue Star, das Gesicht eines tief gefallenen Vereins, dem nicht mehr nur der Erfolg fehlt, sondern auch die finanziellen Mittel. Im dritten Jahr der Zweitklassigkeit ist es Terodde, der die Hamburger aus ihrer Not erlösen und endlich wieder nach oben schießen soll. Einen geeigneteren Mann hätte der Club schwer finden können.
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Simon Terodde ist das, was man einen Stürmer mit eingebauter Torgarantie nennt – zumindest in der zweiten Liga. Dem VfB ebnete er 2017 mit 25 Saisontoren den Weg zurück in die Bundesliga; sogar 29 Terodde-Treffer waren es, die zwei Jahre später den 1. FC Köln zum Aufstieg verhalfen. Beide Male war er Torjäger, Führungsspieler und Publikumsliebling in Personalunion, ehe ihm das Toreschießen beide Male ungleich schwerer fiel. In Stuttgart wurde ihm ein halbes Jahr nach dem Aufstieg Mario Gomez vor die Nase gesetzt, in Köln erst Antony Modeste zurückgeholt und in diesem Sommer der Schwede Sebastian Andersson von Union Berlin geholt. Auch im Rheinland gab es keine Verwendung mehr für den einstigen Aufstiegshelden, der im Oberhaus ein weiteres Mal an seine Grenzen gestoßen war.
Dieter Schatzschneider zittert um seinen Rekord
Jetzt also die nächste Rückkehr in die zweite Liga, in der Terodde dabei ist, alle Rekorde zu brechen. Wie der Karlsruher Emanuel Günther zu Beginn der 1980er Jahre war er bereits dreimal Torschützenkönig und könnte nun der alleinige Spitzenreiter werden. Auch Platz eins in der ewigen Torjägerliste der zweiten Liga rückt allmählich in Sichtweite. Noch 34 Treffer fehlen bis zur Bestmarke von Dieter Schatzschneider (154 Tor), der um seinen Platz in der deutschen Fußball-Historie bereits mächtig zittert: „Terodde kann das schaffen – sogar schon in dieser Saison“, sagte der frühere Stürmer von Hannover 96 der „Hamburger Morgenpost“.
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Nicht um persönliche Rekorde gehe es, sagt Terodde, was zähle, sei allein der Aufstieg mit dem Hamburger SV. Bereits im vergangenen Winter hatten sich die Hanseaten um ihn bemüht, doch waren damals die Gehaltsvorstellungen des Stürmers (und dessen Berater Volker Struth) und die Forderungen des 1. FC Köln zu hoch. Mit dem stattdessen von Bayer Leverkusen ausgeliehenen Joel Pohjanpalo verpasste der HSV den Aufstieg – und unternahm im Sommer einen neuen und diesmal erfolgreichen Anlauf: Köln ließ Terodde ablösefrei ziehen und bezahlt zudem auch weiterhin Teile des Gehalts.
Im Testspiel gegen den VfB Stuttgart ist Simon Terodde zur Stelle gewesen
Bei der dritten Mission Bundesligarückkehr ist in Hamburg nun alles auf den prominenten 1,92-Meter-Mann aus dem Münsterland ausgerichtet. Standesgemäß führte sich Terodde im ersten Testspiel nach seiner Verpflichtung, dem 2:3 gegen den VfB Stuttgart Ende August in Kufstein, mit einem Treffer ein – und trat anschließend erst einmal kürzer. Sein Körper macht sich nach 13 Profijahren immer öfter bemerkbar, die Muskulatur zwickt. Am normalen Trainingsbetrieb nimmt der Routinier auch weiterhin nur eingeschränkt teil, was nicht weiter schlimm ist. Hauptsache, er steht in den Spielen auf dem Platz und schießt die Tore, die der HSV zum Aufstieg benötigt. Mit dem Auswärtsspiel beim Absteiger SC Paderborn geht es am Montag (20.30 Uhr) weiter.
Fragt sich nur: Was passiert, wenn Terodde seinen Auftrag erfüllt und auch den HSV in die Bundesliga schießt? Man kann es nur erahnen. Sein Vertrag läuft nur bis zum Ende dieser Saison.