Die DFB-Abwehr wackelt vor der WM 2022 in Katar bedenklich. Die Hoffnungen ruhen auf Ex-VfB-Profi Antonio Rüdiger.

Antonio Rüdiger machte es sich nach der Ankunft im luxuriösen Zulal Wellness Resort breit lächelnd in einem Polstersessel bequem und reckte lässig den linken Daumen in die Höhe. „Ich bin bereit“, signalisierte der deutsche WM-Abwehrchef mit dieser Geste.

 

Rüdiger soll nach seiner Hüftverletzung am Samstag im Stadion des Erstligisten Al-Shamal SC im Norden Katars endlich ins Mannschaftstraining einsteigen. Sein Auftrag: Der zuletzt so bedenklich wackelnden Defensive beim WM-Auftakt gegen Japan die dringend benötigte Stabilität zu verleihen.

„Wir brauchen mehr Körperlichkeit, das habe ich vermisst“, klagte Bundestrainer Hansi Flick nach der schwachen WM-Generalprobe im Oman (1:0). Rüdiger steht wie kein anderer Abwehrspieler in der Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) für diese Eigenschaft. „Wo ich herkomme“, erklärt der gebürtige Berliner, „überlebten nur die Stärksten.“

Sportlich ist Rüdiger immer weiter gereift

Beim Käfig-Kick im Problembezirk Neukölln behauptete sich Rüdiger schon in jungen Jahren und verdiente sich den Spitznamen „Rambo“. Es sei niemand da gewesen, der einem hätte helfen können, erinnert sich der 29-Jährige an diese prägende Zeit, in der der Verlierer Döner für alle bezahlen musste: „Du warst allein. Da habe ich gelernt, auf dem Feld hart zu sein.“

Er ist es bis heute. Seine Mutter nennt ihn immer noch „einen Soldaten“, der Niederlagen hasst und bis zum Ende kämpft. „Aufzugeben“, betont der Familienvater, „ist nicht in meiner DNA.“

Sportlich ist Rüdiger immer weiter gereift. Flog er in seiner Anfangszeit als Profi beim VfB Stuttgart noch viermal vom Platz, sah er zuletzt in der Saison 2016/17 die Rote Karte. Rüdiger, der viel Wert auf höfliche Umgangsformen legt, hat sich zu einem echten Leader entwickelt.

Erinnerungen an die WM-Schmach 2018

Das will er in Katar zeigen: „2018 war ich schon dabei, saß allerdings meist auf der Bank, war noch jung. Jetzt genieße ich eine andere Rolle, die des Anführers. Dafür habe ich mein ganzes Leben lang gearbeitet.“

Beim Champions-League-Triumph des FC Chelsea 2021 zeigte Rüdiger im Finale gegen den Favoriten Manchester City eine der besten Leistungen seiner Karriere. Im DFB-Team soll er dank seiner Ausstrahlung, Erfahrung und Mentalität die Richtung vorgeben.

Der zehnte Deutsche im königlichen Trikot von Real Madrid nimmt diese Rolle nur zu gerne an. Für den Ernstfall gegen Japan fordert er schon einmal, man müsse von Beginn an „gegenhalten und sofort ein Momentum kreieren, das uns von der ersten bis zur letzten Partie des Turniers trägt“.

Die Erinnerungen an die historische WM-Schmach 2018 in Russland sind für ihn noch immer präsent. „Einer Fußball-Nation wie Deutschland darf so eine Blamage nicht noch mal passieren“, mahnt Rüdiger. Ernsthaft rechnet er damit nicht. Seine Prämie spendet er für wohltätige Zwecke in seiner „zweiten Heimat“ Sierra Leone.

Ein echter Anführer eben.