Der frühere VfB-Stürmer Predrag Pasic hat während des Bosnien-Kriegs eine multiethnische Fußballschule gegründet – und ist deshalb nun Held eines Dokumentarfilms. Dem Brustringer berichtet er von seiner großen Aufgabe.

Stuttgart - Predrag Pasic kann auf große Momente in seiner Karriere zurückblicken. 1982 nahm der ehemalige Stürmer mit der jugoslawischen Nationalmannschaft an der WM in Spanien teil, mit dem VfB Stuttgart erreichte er 1986 das DFB-Pokalfinale, ein Jahr zuvor gewann er mit dem FK Sarajevo die Meisterschaft in Jugoslawien. Doch nichts von alledem bezeichnet der mittlerweile 54-Jährige als seine größte Errungenschaft. Der Höhepunkt seiner Karriere ist für ihn, dass er die Fußballschule „Bubamara“ gegründet hat.

 

Denn der frühere VfB-Profi eröffnete sie an einem besonderen Ort, zu einer besonderen Zeit: in Sarajevo, während des Bosnien-Kriegs in den neunziger Jahren. Was sein Unterfangen zusätzlich erschwerte: seine Fußballschule ist für alle offen, egal welcher Ethnie oder Religion sie angehören. Und so brachte Pasic unter schwierigsten Bedingungen die Kinder der verfeindeten Gruppen in einer Sporthalle zusammen – während draußen in der belagerten Stadt der Krieg tobte. „Es ist mir gelungen, Verbindungen zwischen den Kindern zu schaffen“, sagt Pasic. „So hat sich gezeigt, dass der Fußball wunderbar ist, um Freundschaften zu schließen.“

Pasic will mehr als Fußball vermitteln

Derzeit rückt der Bosnier wieder mehr in den Fokus des öffentlichen Interesses. Pasic ist nämlich Protagonist in dem Dokumentarfilm „Rebellen am Ball“, der fünf Fußballer porträtiert, die ihre Stimme erhoben haben gegen Unrecht. In der vergangenen Woche wurde der Film auf dem Berliner Fußball-Filmfestival „11mm“ gezeigt, zuvor lief er auch schon auf Arte.

Für Pasic ist seine Fußballschule ein Ort, „an dem die Kinder für das Leben lernen können“, betont er. So vermittelt er sie auch an Sprachschulen weiter. Seit 19 Jahren gibt es die „Bubamara“ mittlerweile, mehr als 8000 Jungen haben sie durchlaufen. Pasic, der von 1985 bis 1987 in Stuttgart spielte, wurde besonders in der Anfangszeit vom VfB und dessen damaligem Manager Dieter Hoeneß unterstützt. 100 Bälle und zahlreiche VfB-Trikots bekam Pasic 1993. Zu Beginn liefen alle Kinder also nur im Stuttgart-Dress auf. „Am Anfang während des Krieges hatte ich nichts. Der VfB half mir sehr“, sagt er. Noch immer verfolgt Pasic seinen früheren Verein. Er freut sich darüber, dass sein Landsmann Vedad Ibisevic so eine wichtige Rolle spielt. Und er hofft, „dass der VfB wieder bessere Ergebnisse erzielt“.

Es gibt noch immer so viel Hass

Die Zukunft seiner Fußballschule sieht Pasic allerdings nicht so optimistisch. „Es wird immer schwieriger, sie weiterzuführen“, betont er. Finanzielle Unterstützung vom bosnischen Verband bekommt er nicht, die Sponsorensuche gestaltet sich alles andere als einfach: „Viele Politiker mögen es nicht, dass ich die Kinder durch die Fußballschule zusammenbringen will. Der Nationalismus ist hier noch sehr stark ausgeprägt.“ Obwohl der Krieg nun schon seit mehr als 20 Jahren vorbei sei, gebe es immer noch so viel Hass, sagt Pasic. „Ich kann das alles nicht verstehen. Langsam verliert man die Hoffnung.“

Wenn am Freitag in der WM-Qualifikation Kroatien und Serbien aufeinandertreffen, rechnet er deshalb auch damit, dass viele Wunden wieder aufgerissen werden: „Das wird kein friedliches Spiel, das ist unmöglich. Hier erhält alles eine politische Bedeutung, aber das ist falsch. Die Politik hat im Fußball nichts verloren.“

Predrag Pasic steht mit dem größten Erfolg seiner Karriere, der Fußballschule, also noch vor großen Aufgaben.