Die Naturwissenschaftlerin Maria Kaiser berät die Hersteller von Rohstoffen für Naturkosmetik. Derzeit beschäftigt sie sich mit Mangos aus Burkina Faso, die zu einer Körperbutter verarbeitet werden.

Stuttgart - Nein, Maria Kaiser arbeitet heute als Selbstständige nicht weniger als zu ihrer Zeit als Angestellte. „Wahrscheinlich sogar mehr“, räumt sie ein – aber mit einem entscheidenden Unterschied: „Ich kann jetzt besser planen.“ Dadurch bleibt der Mutter von zwei acht- und 17-jährigen Söhnen mehr Zeit, am Familienleben teilzunehmen. „Ich arbeite tagsüber, wenn die Kinder in der Schule sind, und manchmal abends, wenn sie schon schlafen.“ Auch für Freizeitbeschäftigungen findet sich heute Raum. Die 42-Jährige engagiert sich ehrenamtlich im Forum der Kulturen Stuttgart und macht Zumba.

 

Die Stuttgarterin mit den chilenischen Wurzeln schüttelt den Kopf, wenn sie sich an die Zeit erinnert, in der sie für ein Unternehmen 18 Wochen im Jahr im Ausland unterwegs war. Ihre Eltern seien damals aus Lörrach nach Stuttgart gezogen, um sie und ihren Ehemann Ralf, als Agraringenieur auch viel auf Reisen, bei den Kindern zu unterstützen. „Die Großfamilie war damals ein Hochleistungsbetrieb. Alle waren sehr angespannt und ich selbst bin an die Grenzen meiner Leistungsfähigkeit gekommen“, sagt Maria Kaiser.

Männliche Kollegen wurden oft sofort eingestellt

Nach dem Studium der Agrarwissenschaften an der Uni Hohenheim hatte sie zunächst immer wieder nur befristete Stellen gefunden, während ihre männlichen Studienkollegen direkt eingestellt wurden. „Es war frustrierend zu sehen, wie die Männer an mir vorbeizogen. Ich fühlte mich benachteiligt trotz meiner gleichwertigen MINT-Ausbildung und zum Teil auch überqualifiziert für meine damaligen Tätigkeiten“, sagt sie. In Vorstellungsgesprächen habe es keine Rolle gespielt, dass sie die „Idealbesetzung“ für eine Stelle gewesen sei. Sie war eine Frau, noch dazu die Mutter eines Babys. Erst nach einem weiteren Studium, dass sie mit einem betriebswirtschaftlichen MBA abschloss, fand sie schließlich feste Arbeit bei einem Stuttgarter Importeur für pflanzliche Öle, wo sie fünf Jahre geblieben ist.

Kurz vor ihrem 40. Geburtstag fasste die Naturwissenschaftlerin den Entschluss, ihrem (Berufs-)Leben eine andere Wendung zu geben. Sie gab das sichere Beschäftigungsverhältnis auf und machte sich nach kurzen Zeit in der Arbeitslosigkeit selbstständig. „Ich war mir anfangs gar nicht sicher, ob ich das wirklich will – immerhin ist es ein großes Risiko“, sagt sie. Kontakte zu möglichen Auftraggebern hatte sie zwar, dennoch schwirrten ihr immer wieder dieselben Fragen im Kopf herum: Was biete ich an und zu welchen Preis, damit meine Kunden zugreifen? Bekomme ich die Aufträge auch bezahlt? Finde ich nach den Projekten neue Auftraggeber? Wie versichere ich mich? In administrativen Fragen war die Arbeitsagentur ein Ansprechpartner, von der sie auch einen Gründungszuschuss erhalten hat.

„Ein gutes Produkt alleine reicht nicht“

Der Start gelang ausgerechnet mit einem chilenischen Hersteller von Pflanzenölen als Partner, den sie bei seinem Einstieg in den deutschen Markt begleitete. Als Tochter eines deutschen Entwicklungshelfers und einer chilenischen Mutter ist sie in Chile aufgewachsen und erst mit 15 Jahren nach Deutschland gekommen. „Ich beherrsche beide Sprachen und verstehe die Mentalitäten, außerdem kenne ich die Qualitätsanforderungen auf dem deutschen Markt.“ Reisen führten sie seitdem häufig nach Lateinamerika oder nach Spanien, aber auch nach Australien.

Ihren heutigen Job beschreibt Maria Kaiser wie folgt: „Ich bringe Unternehmen zusammen, die zusammen passen.“ In diesen Tagen geht ihr kleines Life Sciences-Beratungsunternehmen Kaiserqualität ins vierte Jahr. Sie beschäftigt eine Angestellte und nimmt über das Erasmus-Programm immer wieder ausländische Kollegen für einige Monate in ihren Plieninger Büroräumen auf. „Ich brauche Leute um mich herum, der fachliche Austausch ist mir sehr wichtig.“ Als Expertin für Naturkosmetik begleitet sie kleine und mittelständische Unternehmen aus der Biobranche, die hochwertige Rohstoffe für Naturkosmetik produzieren oder vertreiben.

Mango-Butter ist für Sonnencremes oder Balsam geeignet

Ein aktuelles Beispiel ist Bio-Mango-Butter. Diesen neuen Rohstoff für Kosmetikprodukte wie Sonnencremes oder Lippenbalsam hat sie in den vergangenen zwei Jahren gemeinsam mit dem Familienbetrieb All Organic Trading aus Kempten entwickelt. Sie beschreibt die Vorzüge gegenüber konventionellen Rohstoffen: „Die Butter ist viel feiner, sie zieht schneller ein, glänzt nicht so und hat eine kühlende Wirkung.“ Die Mangos aus Burkina Faso sind fair gehandelt. Kaisers Aufgabe in der Kooperation ist unter anderem, das neue Produkt auf Messen vorzustellen, in Fachartikeln zu beschreiben und Kunden für die Weiterverarbeitung zu gewinnen. Außerdem kontrolliert sie die Qualität der Produktion. „Wenn sie die Butter ohne Chemie verarbeiten wollen, müssen sie sehr auf die Prozesse achten.“

Maria Kaiser wünscht sich mehr Firmen wie den Allgäuer Mittelständler als Partner. In Baden-Württemberg konnte sie bislang keinen Kunden akquirieren. „Ich würde gerne mehr lokal und regional arbeiten.“ Sie ist überzeugt, dass ihre Dienste langfristig gefragt sein werden: „Ein gutes Produkt allein reicht nicht. Die Vermarktung ist das A und O.“ In den nächsten beiden Jahren will sie ihr kleines Unternehmen etablieren, vielleicht sogar personell aufstocken. Wie es danach weitergeht? Gut möglich, dass sie eines Tages auch wieder in einer Firma anheuert. Ihre Erfahrungen als eigene Chefin könnten von Vorteil sein.