Michael Ballack hat mit deutlicher Kritik auf die Pläne von DFB-Direktor Oliver Bierhoff reagiert, eine Reform der Ausbildung von Fußballtalenten vornehmen zu wollen. Von den sogenannten Konzepttrainern hält er im Spitzenbereich wenig.

Stuttgart - Ex-Nationalspieler Michael Ballack (42) hat mit deutlicher Kritik auf die Pläne von DFB-Direktor Oliver Bierhoff reagiert, eine Reform der Ausbildung von Fußballtalenten vornehmen zu wollen. „Das hat mich gewundert. Denn bedeutet das im Umkehrschluss: Hat der DFB in den vergangenen Jahren eine falsche Richtung vorgegeben?“, sagte der frühere DFB-Kapitän im Gespräch mit unserer Redaktion. „Das ist ein Eingeständnis, Fehler in der Ausrichtung gemacht zu haben. Wenn es jetzt heißt, man müsse den Fußballern wieder mehr Freiheiten geben, dann erinnert mich das stark an die Zeit vor zehn oder zwanzig Jahren. “

 

Bierhoff hatte am Mittwoch in der Frankfurter WM-Arena angekündigt, dass es nach dem enttäuschenden Vorrunden-Aus der deutschen Nationalelf bei der WM in Russland und den schwachen Ergebnissen im Jugendbereich „einer Richtungsänderung“ bedürfe. Der sportliche Leiter der Nationalmannschaften Joti Chatzialexiou ergänzte: „Wir bilden nicht altersgerecht aus. Wir müssen Kindern wieder Spaß am Fußball vermitteln.“

Konzeptrainer? Nicht für die Spitze

Nun erklärte Ballack: „Ich bin erstaunt, dass man sich jetzt plötzlich zurückbesinnt.“ Es sei schon immer so gewesen, dass in der Ausbildung „zwingend eine gewisse Individualität und Freiheit“ nötig sei, um zu einem Topspieler zu reifen: „Die Spieler, die am Ende den Unterschied ausmachen, repräsentieren genau das: Es sind Enfants terribles, die nicht mit dem Mainstream schwimmen, die ihren eigenen Weg gehen, teilweise selbständig denken und handeln, auch mal ihren eigenen unbequemen Kopf haben und nicht nur stur die Vorgaben ihrer Konzepttrainer umsetzen.“

Angesprochen auf die sogenannten Konzepttrainer, meinte Ballack: „Ich habe nichts gegen die jungen Konzepttrainer. Das sind superengagierte und motivierte Leute, die von morgens bis abends arbeiten. Aber das ist doch nur die Basis. Im absoluten Spitzenbereich, wenn es darum geht, die Spieler ans Topniveau zu führen, dann braucht es auch Trainer mit Erfahrungswerten, die in der Ausbildung eben nicht vermittelt werden können. Jetzt sieht man, wohin der deutsche Fußball mit seiner Trainerausbildung gekommen ist.“

Ballack fordert Veränderung in der Ausbildung

Gleichzeitig machte sich der 98-malige Nationalspieler für einen grundlegend neuen Kurs in der deutschen Trainerausbildung stark: „Warum muss das unbedingt unter dem Dach des DFB geschehen? Wer sind die Leute, die dort die Vorgaben erstellen über Ausbildungsinhalte, die anschließend flächendeckend in Form von Trainern in den Vereinen landen? Wieso bedienen sich die Vereine eines externen Konzepts des DFB?“, sagte Ballack. Die Bundesligaclubs seien mittlerweile mittelständische Unternehmen mit mehreren hundert Millionen Umsatz. „Sie bilden ihre Spieler aus und kennen ihre Bedürfnisse am besten. Daher verstehe ich nicht, warum zum Beispiel Vereine nicht auch ihre Trainer selbst ausbilden dürfen.“