Sind Wörter künftig nur noch mit Gendersternchen politisch korrekt? Der Rat für deutsche Rechtsschreibung verspricht Hinweise, wie man geschlechtergerecht schreibt. Doch die Vorschläge bergen ihre eigenen Tücken.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Stuttgart - Für Leser_innen könnte es schwer werden, solche Texte zu verstehen, wenn der/die AutorIn künftig so formuliert, wie manche Verfechter*innen einer geschlechterneutralen Schreibweise das im Sinn haben. Dabei wurde mit Blick auf diesen ersten Satz noch nicht einmal berücksichtigt, wie sehr Frauen sich gedemütigt fühlen könnten, weil Wörter wie „Sinn“ grammatikalisch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden. Es könnte also noch komplizierter werden mit der gendergerechten Orthografie.

 

Wie eine solche Orthografie übergangsweise aussehen könnte, will der Rat für deutsche Rechtsschreibung am Freitag darlegen. Bei einer Konferenz des mit 41 Fachleuten aus allen deutschsprachigen Ländern und Regionen besetzten Gremiums in Passau sollen entsprechende Empfehlungen veröffentlicht werden. Vor ein paar Monaten hatte man sich darauf noch nicht verständigen können.

Gendergerechte Wörter sollen verständlich, lesbar und vorlesbar bleiben

Dem Rat liegen mehr als 200 Anfragen aus der öffentlichen Verwaltung vor. Die Beamtenschaft sieht offensichtlich Handlungsbedarf, nachdem das Bundesverfassungsgericht 2017 zu erkennen gegeben hat, dass ihm die klassische Auswahl von zwei Geschlechtern im Personenstandsrecht nicht genügt. Seither habe „die Frage nach der geschlechtergerechten Personenbezeichnung eine Art Symbolcharakter erhalten, die etwas überhöht diskutiert wird“, sagt Henning Lobin, Direktor des Instituts für Deutsche Sprache in Mannheim.

Immerhin hat sich der Rechtschreibrat auferlegt, dass die vergenderten Wörter trotz aller Emanzipation noch „verständlich, lesbar und vorlesbar“ sein sollen. Dem Vernehmen nach will die zuständige Arbeitsgruppe zwei alternative Vorschläge unterbreiten. Der erste wäre am leserfreundlichsten: Alles belassen, wie es ist. Der zweite läuft darauf hinaus, das Gendersternchen als Hieroglyphe der Gleichberechtigung einzuführen. Allerdings würde das vorerst nicht zur verbindlichen Norm erhoben. Der Linguist Peter Eisenberg hält das Sternzeichen für eine „Unterwerfungsgeste“. Die hätte zudem den Nachteil, dass Sternchenwörter weder vorlesbar noch geschlechtsneutral sind. Sie trennen männliche und weibliche Endung. Für alle anderen Geschlechter wäre das * so etwas wie ein Feigenblatt.