Jeder kennt „Die Brücke“, aber wer kennt „De Ploeg“? In Deutschland fast keiner, dabei sind die niederländischen Avantgardisten eine Entdeckung. Also auf nach Bietigheim-Bissingen, wo sie gerade gezeigt werden.
Nass und unwirtlich draußen? Dann – und nicht nur dann – hat die Städtische Galerie in Bietigheim-Bissingen ein fabelhaftes Kontrastprogramm in petto. Dort sind derzeit blühende Birnbäume, Alleen mit Sonnenflecken oder Bauernhöfe vor wogenden Feldern zu sehen. Und das in Farben, die einen jegliches Wintergrau vergessen lassen. Denn die Groninger Künstlergruppe „De Ploeg“ war inspiriert von expressionistischen, aber auch impressionistischen Einflüssen. Da sind Häuser rot oder Bäume blau – und auch sonst wartete die Gruppe mit vielen Überraschungen auf.
Was heißt De Ploeg? De Ploeg bedeutet „der Pflug“. Der Künstler Jan Altink, der den Namen vorschlug, war selbst Sohn eines Bauern. Er hatte ein klares Bild vor Augen: Die Künstlergruppe sollte die brachliegenden Kunstäcker von Groningen umbrechen und urbar machen. „Groningen war zwar Uni-Stadt mit einem aufgeschlossenen Publikum für Musik und Theater. Aber nicht für die bildende Kunst oder gar den Expressionismus“, sagt Isabell Schenk-Weininger, die Leiterin der Galerie.
Was zeichnete die Gruppe aus? In der 1918 gegründeten Künstlergruppe fand jeder mit seinem eigenen Stil seine Heimat. „De Ploeg“ war nicht dogmatisch, neben Akademieabsolventen waren auch Autodidakten dabei. Neben bildenden Künstlern gehörten auch Poeten oder Architekten zur Gruppe, mitunter tummelten sich die Mitglieder auf mehreren künstlerischen Feldern, was in den Niederlanden bis heute nicht ungewöhnlich sei, sagt Isabell Schenk-Weininger. Dichter wurden zu Malern, Maler zu Möbelschreinern. Die „De-Ploeg“-Künstler machten Ausstellungen, Lesungen, Vorträge, Kalender und brachten eigene Zeitschriften heraus. Und sie standen füreinander ein: Dem Gründungsmitglied Jan Wiegers ermöglichte die Gruppe einen Kuraufenthalt in Davos. Dort freundete er sich mit dem „Brücke“-Künstler Ernst Ludwig Kirchner an, der ihn nicht nur inspirierte: Wiegers nahm auch Werke des Freundes mit in die Niederlande und verkaufte sie für ihn.
Was ist in der Ausstellung zu sehen? In der großen Werkschau werden mehr als 100 Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Druckgrafiken, Skulpturen, aber auch Kunsthandwerk von den „De-Ploeg“-Begründern Jan Altink, Johan Dijkstra, George Martens und Jan Wiegers vorgestellt, aber auch von elf weiteren wichtigen Mitgliedern der Gruppe. Eine wahre Wundertüte. Man entdeckt Landschaften mit sagenhaften Horizonten, faszinierende „Drucksel, eine spezielle Drucktechnik von Hendrik Werkman, der den NS-Widerstand unterstützte und wenige Tage vor der Befreiung Groningens von den Nazis gefangen genommen und hingerichtet wurde. Man begegnet Stadtszenen mit wunderbaren Wasserspiegelungen, etwa von George Martens, der eine mondäne Dame auf einer verregneten Straße malte. Man entdeckt Porträts, bunte Pferde, skurrile Handpuppen, aber beispielsweise auch ein von Jan Wiegers bemaltes Bierfass. Ein Portrait sieht aus wie Karl Lauterbach. Es stellt aber Alida Pott dar – eine der weiblichen Pionierinnen der Gruppe.
Für wen ist „De Ploeg“ geeignet? Natürlich für Kunstfreunde und Entdeckungsfreudige. Die Ausstellung ist auch familientauglich: Die Werke sind so abwechslungsreich, interessant und überraschend, dass sie viel Gesprächsstoff liefern und man sie auch gut mit Kindern anschauen kann. Am Freitag, 20. Januar, gibt es um 15 Uhr sogar einen Familien-Fun-Freitag, bei dem Groß und Klein zusammen nach „De-Ploeg“-Manier kreativ werden können – Info und Anmeldung unter 0 71 42 / 744 83.
Wie kommt man hin? Nach Bietigheim-Bissingen fährt die S 5. Vom Bahnhof aus kann man mit dem Bus in die Altstadt oder einen – allerdings rund eine halbe Stunde dauernden – Spaziergang an der Enz entlang Richtung Stadtmitte machen. Mit dem Auto fährt man auf der B 27 Richtung Innenstadt/Heilbronn. In Bietigheim weist das „Parkleitsystem Innenstadt“ zu den Parkhäusern oder Parkplätzen Farbstraße, Turmstraße oder Löchgauer Straße.
Kann man dort einkehren? In der Altstadt gibt es viele Restaurants und Cafés. Vorher kann man sich im Museumsshop eindecken – mit dem „De-Ploeg“-Katalog, Karten und anderen schönen Dingen.
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Serie
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Schulterschluss
Die Ausstellung kam durch eine Kooperation mit dem Groninger Museum zustande. Ein Schulterschluss mit vier deutschen Museen ermöglicht es, dass De Ploeg nach der Auftakt-Stadt Bietigheim-Bissingen noch im Wenzel-Hablik-Museum Itzehoe, an den Kunstmuseen Erfurt und im Kunstmuseum Ahlen gezeigt wird?
Besuchszeiten
Die Schau läuft bis 26. Februar in der Städtischen Galerie Bietigheim-Bissingen, Hauptstraße 60 bis 64 – dienstags, mittwochs und freitags von 14 bis 18 Uhr, donnerstags von 14 bis 20 Uhr, wochenends und feiertags von 11 bis 18 Uhr.
www.galerie.bietigheim-bissingen.de