Der Sachstandsbericht der zuständigen Bürgermeister ist ernüchternd, die Kritik schneidend. Bei der Betrachtung des Personals muss auch der Krankenstand berücksichtigt werden.

Geschlossene Bürgerbüros und lange Schlangen wartender Menschen vor der Ausländerbehörde in der Eberhardstraße 39 – für diese Probleme gibt es bei der Landeshauptstadt keine kurzfristige Lösung. „Wir sind nicht aus dem Gröbsten raus“, räumte Verwaltungsbürgermeister Fabian Mayer (CDU) vor dem Verwaltungsausschuss des Gemeinderates ein. Zwar wurden etliche Maßnahmen (auch Zulagen bis zu 300 Euro) ergriffen, das „größte Nadelöhr“ bliebe aber „Personalgewinnung und -erhaltung“, so Mayer. Man brauche Zeit, um „den Dienstbetrieb zu stabilisieren“.

 

Der Erste Bürgermeister Mayer leitet die vor einem halben Jahr eingesetzte Taskforce zu dem Thema, in das Referat von Ordnungsbürgermeister Clemens Maier (Freie Wähler) fallen sowohl die Ausländerbehörde als auch die Bürgerbüros, eine Arbeitsgruppe der Taskforce tagt alle zwei Wochen. Etliche Maßnahmen wie der Ausbau der IT-Betreuung oder Wasser und Klappstühle für Wartende, mehr Sicherheitspersonal, ein zweiter Monitor pro Arbeitsplatz oder die Vergrößerung der Mailpostfächer sind abgehakt, ein Drittel der Punkte ist noch in Bearbeitung. Man habe „viel geschafft, was zuvor nicht geschafft worden sei“, so Fabian Mayer.

„Katastrophe mit Ansage“

Für seinen Sachstandsbericht erntete das Bürgermeisterduo im Rat wenig Beifall, dafür umso mehr Kopfschütteln. Petra Rühle (Grüne) charakterisierte die Situation als nach wie vor „frustrierend und unwürdig“. Es sei erschreckend, dass man für Banalitäten wie einen zweiten Bildschirm am Arbeitsplatz eine Taskforce benötige, sagte Dejan Perc (SPD). Jürgen Sauer (CDU) nannte die Pläne für Terminals zur Selbstbedienung und Abholung von Dokumenten wenig ambitioniert. Sie sind als Pilot für die Stadtmitte und den Osten geplant, in der Fläche erst 2025. Seine Frage, wann die Bürgerbüros in Degerloch, Feuerbach und Plieningen wieder öffneten, blieb unbeantwortet.

Man erlebe eine „Katastrophe mit Ansage“, so Johanna Tiarks (Linksbündnis). Größere Mailpostfächer seien wenig hilfreich, solange nicht mehr Personal vorhanden sei. „In anderen Städten klappt das besser“, so Tiarks. Das bestreitet Mayer, man habe „kein Stuttgart-, sondern ein Großstadtproblem“.

Ina Schumann (Fraktion Puls) hat selbst versucht, sich über die Website zu einem Termin vorzutasten. „Tote Links, falsche Mailadresse, keine Seite auf Englisch“, so ihre Erfahrung. Und da nun eine Grundreinigung in der Eberhardstraße beauftragt sei, müsse man sich fragen, was für Zustände dort herrschten. Sibel Yüksel (parteilos) konstatierte ein „absolutes Versagen der Verwaltung“. Für die Bürgerbüros gebe es auf Stuttgart.de eine Echtzeitinformation über den Andrang, für die Ausländerbehörde nicht. „Sie macht dort keinen Sinn, die Ampel wäre ja immer rot“, sagte Mayer, besann sich aber, nachdem Yüksel widersprach; man wolle doch darüber nachdenken.

Wenig Interesse an Stellen

Man habe eine „gute Führungskultur“, sagte Clemens Maier über das Ordnungsamt, das für die Ausländerbehörde zuständig ist. Maier nannte nach einem Einwurf des Personalrats ernüchternde Zahlen. In den Bürgerbüros seien 24 Prozent aller Stellen nicht besetzt, in der Ausländerbehörde seien es 34 Prozent.

Zum Gesamtbild fehlt noch der Krankenstand, der in der Verwaltung nach den Zahlen von Ende 2021 bei rund sieben Prozent lag. Damit wären bei der Ausländerbehörde nur noch 59 Prozent des auf dem Papier vorhandenen Personals verfügbar. In die Bürgerbüros konnte in diesem Jahr bisher ein Auszubildender übernommen werden, im extra eingerichteten Ausbildungsbüro sind drei Plätze besetzt, auf fünf Springerstellen (mit Zulage) meldeten sich zwei Mitarbeitende.

Auf Hilfe von Bund und Land kann die Stadt kaum bauen. Das Brot-und-Butter-Geschäft lasse sich überwiegend nicht digital erledigen, dazu bräuchte es Gesetzesänderungen, so Mayer, die Ausschreibung für ein virtuelles Bürgeramt der Datenzentrale des Landes benötige – da europaweit nötig – ein Jahr, und Gerätschaften der Bundesdruckerei seien Mangelware.