In Köthen haben Nazis unerträgliche Parolen gerufen. Aber die Hürden für ein Eingreifen sind hoch, kommentiert Katja Bauer.

Berlin - Es sind Bilder, die aus Deutschland um die Welt gehen – junge Männer, die marschierend rufen: „Nationaler Sozialismus! Jetzt!“ Das klingt nach Verherrlichung des Nationalsozialismus, fast. Aber eben nur fast. Auch das Bild des Nazis, der in Köthen von „Rassenkriegen“ spricht, ist inzwischen berühmt. Dieser Fall könnte strafbar sein. Unterbunden hat die Polizei die Rede trotzdem nicht, und das hat verständliche taktische und rechtliche Gründe. Eine mögliche Volksverhetzung ist nicht einfach nachzuweisen, und nur wegen des Verdachts eine Versammlung mit 2500 Menschen abzubrechen, wäre eine Einschränkung der Versammlungsfreiheit. Zudem hätte die Polizei mit einem Abbruch eine unkalkulierbare Lage erzeugt.

 

Toleranz kann zur Schwäche werden

Das alles wissen Rechtstextremisten. Sie sind darin geübt, ihre Parolen genau diesseits der Nahtstelle zur Strafbarkeit zu formulieren. Eine Demokratie muss das aushalten. Sie hat es übrigens auch lange Jahre ausgehalten, in denen diese Leute regelmäßig durchs Land zogen, ohne dass es viele scherte. Aber mit den Ereignissen von Chemnitz hat sich das geändert. Das hat mit dem dort geschehenen Tabubruch zu tun, bei dem sich Bürger mit Extremisten gemein machten. Er ließ etwas spürbar werden: Wenn die Demokratie selbst ins Visier von Angreifern rückt, kann ihre Toleranz schnell zu ihrer Schwäche werden.