Viele Kandidaten für die Parlamentswahl am 25. Juli in Pakistan stehen unter Verdacht des islamistischem Extremismus. Aber die Wahlkommission hat keine Bedenken.

Islamabad - Dutzende von Leuchtbirnen geben frischen Pfirsichen, Aprikosen und Mangos, frischen Gurken und anderem Gemüse auf den Marktständen appetitlichen Glanz. Hühner warten in niedrigen Käfigen auf Käufer. Die Nacht ist angebrochen und Islamabads Männer – Frauen sind Ausnahmen – drängen sich mit Einkaufstaschen durch die engen Gassen des Aabpara Basars in Pakistans Hauptstadt Islamabad. Die geschäftige Abendstunde mit vielen Wählern gilt der radikalislamischen Partei Tehreek-i-Labbaikk als idealer Zeitpunkt für einen Wahlkampfauftritt.

 

Aus den mit Kandidatenplakaten beklebten Lautsprechern auf der Ladefläche eines Kleinlasters dröhnen Lobpreisungen für den Propheten Mohammed. Der Wahlkampf für Pakistans Parlamentswahl am 25. Juli ist in den Stadtgrenzen Islamabads untersagt. Doch kein Polizist wagt, die islamistischen Wahlkämpfer zu stoppen. Aus den Lautsprechern plärren schließlich religiöse Verse, die Mohammed verherrlichen. Und weder Behörden noch Politiker besitzen den Willen oder den Mut, religiöse Fanatiker in die gesetzlichen Schranken zu weisen. Unter den 3459 Kandidaten, die sich den 105 Millionen Wahlberechtigten stellen, sind mehr als 400 Vertreter radikalislamischer Parteien und wegen Terrorverdachts verbotener Organisationen.

Eine Partei schreibt Kampf gegen Blasphemie auf ihre Fahnen

Tehreek-e-Labbaik ist die Partei der fanatischen Gruppe Tehreek-e-Labbaik Ya Rasool Allah (TLYR), die den Kampf gegen Blasphemie (Beleidigung des Propheten) auf ihre Fahnen geschrieben hat. Ein Mitglied der Gruppe schoss vor Monaten auf den damaligen Innenministers Ahsan Iqbal, einen wortgewaltigen Verteidiger der religiösen Minderheiten des Landes, und verletzte ihn schwer. Die Stadt Mustang, wo in der vergangenen Woche 175 Menschen und der gemäßigte Politiker Siraj Raisani dem Anschlag eines lokalen Ablegers der Terrortruppe Islamischer Staat (IS) zum Opfer fielen, liegt in der Provinz Baluchistan. Dort darf Shafiq Mangal antreten. Der Gründer der militanten Gruppe Baloch Musalla Difa Tanzeem schloss sich später der Anti-Schiiten-Gruppe Laskhar-e-Janghvi an. Die Gruppe war unter anderem mit Al-Kaida liiert und leistet mittlerweile zumindest teilweise dem IS Gefolgschaft.

Wahlkommission gab grünes Licht für die Extremisten

509 Schiiten fielen laut den Zahlen der Behörden seit dem Jahr 2013 dem Sektenterror durch dogmatische Sunniten, wie Mangal einer ist, zum Opfer. Pakistans Wahlkommission hat ihm wie Hunderten anderer Extremisten grünes Licht für die Kandidatur gegeben. Er tritt für die Partei Ahle Sunnat Wai Jammat (ASWJ) an, die insgesamt 150 Parlamentskandidaten benannte. Ihr Sprecher Oneeb Farooqi brüstet sich: „Alle Parteien wollen Kontakt zu uns, weil sie Verbündete brauchen.“ Zum Beweis verbreitete er per Twitter ein Foto, dass Shahid Khaqan Abbasi, einen führenden Politiker der regierenden Pakistan Muslim League gemeinsam mit der ASWJ -Führung zeigt.

In Lahore, der Hauptstadt von Pakistans bevölkerungsreichster Provinz Punjab, fand die Terrortruppe Lashkar-e-Toiba (LeT) trotz Verbots ebenfalls einen Weg, Kandidaten für die Parlamentswahl ins Rennen zu schicken. „Diese Leute dürfen antreten, weil das Militär hofft, sie so politisch einzubinden“, sagt der Journalist Irfan Ghauri von der englischsprachigen Tageszeitung „Express Tribune“. Pakistans Menschenrechtskommission HRCP ist empört.