Was macht ein Extremsportler, der mit dem Rad so ziemlich alle Langstreckenrekorde hält? Er umrundet die Welt zu Fuß, zu Rad, zu Wasser. Der Stuttgarter Jonas Deichmann, 32, steht vor seiner bisher größten Herausforderung.

Lokales: Tom Hörner (hör)

Stuttgart/München - Im ersten Moment klingt der Plan gar nicht so abwegig, fast normal. Es sei schon immer sein Traum gewesen, einmal den Globus ohne Flugzeug zu umrunden, sagt der Stuttgarter Extremsportler Jonas Deichmann, 32. Ein schöner Traum, den schon viele Erdenbürger geträumt und ein paar wenige sogar gelebt haben – wie Gwendolin Weisser und Patrick Allgaier beispielsweise, zwei Filmemacher aus Freiburg im Breisgau, die um den Erdball getrampt und gewandert sind, nachzuverfolgen in dem schönen Dokumentarfilm „Weit. Die Geschichte von einem Weg um die Welt“. Aber noch kein Mensch hatte vor, seinen Traum von der CO2-freundlichen Erdumrundung so konsequent durchzuziehen wie Jonas Deichmann.

 

„Auf dem Rad gehen mir die Herausforderungen aus.“

Aber was kann man von einem Ultrasportler und Berufsabenteurer auch erwarten, der auf dem Fahrrad in den vergangenen Jahren so ziemlich jeden Langstreckenrekord geknackt hat? Von Portugal nach Wladiwostok in 64 Tagen. Von Alaska nach Feuerland in 97 Tagen. Zuletzt strampelte Deichmann im vergangenen Herbst auf seinem Titanbike vom Nordkap bis nach Kapstadt – in 72 Tagen, 7 Stunden und 27 Minuten. „Auf dem Rad“, sagt Deichmann, „gehen mir so langsam die Herausforderungen aus.“ Deshalb muss nun der komplette Globus dran glauben, wie Deichmann an diesem Freitag auf der Reise- und Freizeitmesse Free in München bekannt gab.

Wenig Gepäck und ohne fremde Hilfe

Los geht diese Weltreise der Extreme, mit der Deichmann auch Spenden für ein Regenwaldprojekt sammeln will, im Sommer in München. Von dort will er nach Kroatien radeln und dann 456 Kilometer an der Küste entlang Richtung Montenegro schwimmen – stets ein kleines, wasserdichtes Floß mit dem Allernötigsten im Schlepp. Weiter geht’s mit dem Fahrrad durch Europa und Asien bis nach China. Als überzeugter Minimalist will der Ausdauersportler sein Ding wie üblich mit möglichst wenig Gepäck und ohne fremde Hilfe durchziehen.

Nach Greta-Art über den Pazifik

Doch ganz ohne wird es bei dem Dreikampf nicht gehen. Unterstützung wird der Marathonmann brauchen, um mit dem Segelboot nach Greta-Art über den Pazifik nach San Francisco überzusetzen. Auch wenn die Planung des Trips schon recht weit fortgeschritten scheint, ist er „noch auf der Suche nach einer Mitfahrgelegenheit“.

Drei Wochen auf hoher See

Von Kalifornien geht es dann rennenderweise quer durch die USA bis nach New York. Weniger die gewaltige Laufdistanz von 5040 Kilometern lässt Jonas Deichmann erschaudern als der Gedanke, dass er nach einem dreiwöchigen Segeltörn auf hoher See mit steifen Knochen und untrainierten Muskeln die Vereinigten Staaten von Amerika betreten könnte. „An Lauftraining ist auf einem kleinen Segelboot natürlich nicht zu denken“, sagt er.

Das Wichtigste ist der Kopf

Aber irgendwie wird er das schon hinbekommen, so wie er das bei seinen anderen Trips auch immer hinbekommen hat. „Natürlich musst du körperlich fit sein“, sagt Jonas Deichmann, der als Motivationsexperte auch gern von Firmen für Vorträge gebucht wird. „Ob so eine Sache klappt, hängt zu 95 Prozent vom Kopf ab.“ Und ein wenig wohl auch davon, ob es unterwegs genug Snickers-Riegel gibt. Letztlich gehe es darum, ein großes Ziel auf viele kleine Ziele herunterzubrechen, sagt Deichmann. Am Ende einer jeden Etappe belohnt er sich mit einem Karamell-Erdnuss-Riegel.

120-fache Distanz eines Ironman

In New York angekommen, will Triathlet Jonas Deichmals abermals aufs Segelboot steigen, um über den Atlantik nach Portugal zu schippern. Die Schlussetappe über 2500 Kilometer bis nach München wird er radeln. Wenn alles läuft wie geplant, dürfte Jonas Deichmann am Ende seiner verrückten Weltumrundung fast 40 000 Kilometer zurückgelegt haben. „Das entspricht der 120-fachen Distanz eines Ironman“, sagt er. Und schiebt dann fast entschuldigend nach: Im Unterschied zu seinen bisherigen Langstreckenfahrten auf dem Rad habe er dieses Mal keine Stoppuhr im Blick. „So neun bis zehn Monate werde ich wohl brauchen.“

Klingt beinah, als sei das alles nicht so wild. Fast normal.