Sieben Unis können vom nächsten Jahr an neue Elitehochschulen werden. Stuttgart ging weitgehend leer aus.  

Stuttgart/Tübingen - An der Universität Tübingen ist die Freude groß. Die Eberhard-Karls- Universität hat in der zweiten Phase der Exzellenzinitiative ihre Chance auf den Titel einer Eliteuniversität gewahrt. Ihr Zukunftskonzept „research, relevance, responsibility“ (Forschung, Relevanz, Verantwortung) ist zusammen mit den Konzepten von sechs weiteren Universitäten für die Endrunde ausgewählt worden. „Überglücklich“ zeigte sich der Rektor Bernd Engler nach der Bekanntgabe des Ergebnisses. „Das ist eine schöne Auszeichnung für Tübingen, Tübingen ist wieder auf dem Bildschirm“, sagte Engler gegenüber der Stuttgarter Zeitung.

 

Die Traditionsuniversität Württembergs hatte in der ersten Runde gegenüber Freiburg, Karlsruhe, Konstanz und Heidelberg das Nachsehen. Engler zeigte sich selbstbewusst. „Wir wissen, dass wir was können.“ Jetzt habe die Uni die Chance, das auch zu zeigen. Jedoch liege noch viel Arbeit vor den Forschern. Jetzt herrsche aber Aufbruchstimmung. Er betonte, dass auch die Projekte, die nicht zum Zuge gekommen seien, hervorragendes Potenzial hätten. Für sie werde nach anderen Förderformaten gesucht. Durchgesetzt hat sich Tübingen mit zwei von vier Graduiertenschulen, nämlich der Bildungsforschung und der Zellbiologie. Bei den Exzellenzclustern machten die Linguisten das Rennen. Auch hier hatte Tübingen vier Anträge gestellt.

Die Stuttgarter Hochschule zum dritten Mal

 Die Uni Stuttgart kann seit Mittwoch ihre Hoffnung auf den begehrten Elitetitel begraben. Der Antrag der Stuttgarter zur Königsdisziplin der Zukunftskonzepte – Thema: „Kooperativer Forschungscampus Stuttgart“ – ist bei der Jury durchgefallen. Somit scheiterte die Stuttgarter Hochschule zum dritten Mal. Auch die zwei Exzellenzcluster zu ressourcenschonenden Flugtechnologien und zu kybernetischen Systemen fanden vor der Jury keine Zustimmung. Von den drei beantragten Graduiertenschulen brachte Stuttgart immerhin eine durch – zum Thema „Moderne Festkörperwissenschaften“.

„Wir sind schon etwas enttäuscht“, räumte der Stuttgarter Unirektor Wolfram Ressel gestern gegenüber der StZ ein. „Wir haben mit mehr gerechnet. Schließlich haben wir alles reingegeben, was wir konnten. Viel besser hätten wir uns nicht vorbereiten können.“ Die beantragten Themen seien intern und extern hart geprüft und für exzellent befunden worden. Dass auch der gemeinsam mit Ulm beantragte Exzellenzcluster zur Quantenforschung durchfiel, „können wir nicht nachvollziehen“, sagt Ressel. Schließlich seien daran drei Leibnizpreisträger beteiligt. Ressel mag nicht ausschließen, „dass diesmal die Politik mitgeredet hat“. Baden-Württemberg habe bei den vergangenen Ausschreibungen sehr stark „abgesahnt“. Unter den Gewinnern seien diesmal relativ wenig Hochschulen mit Technikthemen.

Seite 2: Es gibt noch Hoffnung für Stuttgart

Fällt Stuttgart nun ins Mittelmaß zurück? Das sieht Ressel nicht so. „Nach wie vor gehören wir zu den vier drittmittelstärksten Unis in Deutschland.“ Aber auch in den abgelehnten Projekten werde man die Forschung weitertreiben. „Es waren Themen, die aus der Mitte unseres Forschungsprofils stammen. Das gilt auch für unser Zukunftskonzept.“ Dieses sieht unter anderem eine Zusammenarbeit mit dem Literaturarchiv Marbach vor. „Aber uns fehlt natürlich das Geld, um alles wie geplant umzusetzen“, so Ressel. „Wir sind aber zufrieden, dass wir angesichts der riesigen Konkurrenz von 227 Neubewerbungen mit einem Projekt punkten konnten.“

 Stuttgart hat noch eine Chance auf einen anderen Titel

Weitere Hoffnungen setzt der Stuttgarter Rektor auf die Folgeanträge für das bestehende Exzellenzcluster zur Simulationstechnologie Simtech und die Graduiertenschule Gsame zu intelligenten Fabriken. „Wenn der Vollantrag zur neuen Graduiertenschule (Festkörperphysik) erfolgreich ist, werden gemeinsam mit den beiden bestehenden Exzellenzprojekten rund 45 Professuren an der Uni Stuttgart das Prädikat ,exzellent’ tragen.“ – „Damit“, so Ressel, „liegen wir im nationalen wie auch im internationalen Vergleich sehr gut.“

Als „Etappensieg“ wertet Wissenschaftsminister Peter Frankenberg (CDU) das Abschneiden Tübingens und ist dabei mit dem Rektor Engler auf einer Linie. „Die Universität Tübingen hat mit ihrem Zukunftskonzept beste Chancen auf den Elitestatus“, gratulieren Frankenberg und Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU). Sie bedauern, auch die Uni Stuttgart habe ein sehr gutes Zukunftskonzept eingereicht, „das sich leider nicht durchgesetzt habe“. Dass zehn von 59 neuen Förderanträgen in der Endrunde aus Baden-Württemberg stammen, werten sie als Beweis, „dass das Land mit einer gezielten und leistungsorientierten Hochschulpolitik die Weichen richtig gestellt hat“. In die Endrunde kommen auch die vier Zukunftskonzepte und 16 Projekte aus dem Land, die bereits in der ersten Phase gefördert wurden.

Seite 3: Wie geht es weiter?

Begutachtung Bis Mitte März werden die Einrichtungen der Hochschulen aufgefordert, ihre Anträge für die Exzellenzinitiative zu stellen, bis zum 1. September 2011 müssen sie vollständig ausgearbeitet eingereicht werden. Dann beginnt eine fünfmonatige Zeit der Begutachtung, für die die federführenden Institutionen, die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Wissenschaftsrat, wieder auch international besetzte Gutachtergruppen beauftragt. Schon die Vorentscheidung über die mehr als 200 Antragsskizzen basierte auf der Begutachtung durch mehr als 150 Wissenschaftler.

Bewilligung Mitte 2012 wird es spannend, wenn die endgültigen Entscheidungen fallen, zunächst in der Gemeinsamen Kommission der DFG und des Wissenschaftsrates sowie schließlich im Bewilligungsausschuss, in dem auch die Wissenschafts- und Forschungsminister von Bund und Ländern sitzen und der am 15. Juni seine Beschlüsse verkündet. Das Geld fließt vom 1. November 2012 an. Über einen Zeitraum von fünf Jahren werden 2,724 Milliarden Euro für Graduiertenschulen, Exzellenzcluster und Zukunftskonzepte verteilt. chl