Die Bundesbank hat bereits eine Vorgabe, die Europäische Zentralbank zieht jetzt nach: bis 2019 soll der Anteil der weiblichen Führungskräfte verdoppelt werden.

Suttgart - Die Europäische Zentralbank (EZB) will mehr Frauen in Führungspositionen. Bis 2019 soll der Frauenanteil im mittleren Management bei 35 Prozent und im oberen Management bei 28 Prozent liegen, schreibt die EZB in einer Mitteilung. Damit soll sich die Zahl weiblicher Führungskräfte in etwa verdoppeln; derzeit liegen die Chefinnen-Anteile bei 17 Prozent (mittleres Management) und 14 Prozent. Von den insgesamt 1638 Mitarbeitern der Zentralbank (Stand Ende 2012) sind 43 Prozent weiblich.

 

Um das selbst gesteckte Ziel zu erreichen, müsse sich bei der Europäischen Zentralbank einiges verändern, sagte der EZB-Direktor Jörg Asmussen der „Süddeutschen Zeitung“: „Entscheidend für den Erfolg ist ein Mentalitätswandel der heutigen Führungspersonen in der EZB.“ Stephan Keuning, als EZB-Generaldirektor unter anderem fürs Personal zuständig, wird deutlicher: „Die Erfahrung zeigt, dass weibliche Kandidaten in Bewerbungsgesprächen und Präsentationen eher zurückhaltend und bescheiden auftreten.“ Deshalb wurde nun ein Mentoring-Programm eingeführt.

Die Bundesbank in Frankfurt hat sich dagegen schon vor einiger Zeit ein Ziel gesetzt, wie hoch der Chefinnen-Anteil sein soll. Demnach soll bis 2016 der Anteil weiblicher Führungskräfte auf 26 Prozent steigen. Einen kleinen Erfolg kann die Bundesbank schon vermelden. Innerhalb eines Jahres ist die Quote um einen Punkt auf 21,9 Prozent (Stand 30. Juni 2012) gestiegen. Zahlen für 2013 liegen noch nicht vor, teilte die Bundesbank mit. Mitte vergangenen Jahres beschäftigte die deutsche Notenbank insgesamt 4700 Frauen; der Anteil lag damit bei 43,9 Prozent.

Der Nachholbedarf bei Europas Hütern der Geldwertstabilität ist besonders groß. Im EZB-Direktorium, das die zweimal im Monat stattfindenden Sitzungen des Rates vorbereitet, ist nicht eine Frau. Auch im Rat selbst, der die geldpolitischen Beschlüsse fasst, sucht man Frauen vergeblich. Die Mitglieder des Direktoriums sowie die Notenbankpräsidenten der Euro-Mitgliedstaaten sind allesamt männlich. Auch der erweiterte Rat, der nicht zuletzt eine beratende Funktion hat, ist männlich.

Man muss schon etwas in die noch relativ junge Geschichte von Europas Zentralbank – sie wurde Mitte 1998 ins Leben gerufen – eintauchen, um eine Frau in einem dieser Gremien zu finden: Die Österreicherin Gertrude Tumpel-Gugerell hatte es nach oben geschafft, sie gehörte zwischen 2003 und 2011 dem Direktorium an. Und auch der Name der Finnin Sirkka Hämäläinen taucht in der Ahnengalerie auf (zwischen 1998 bis 2003). Die Bundesbank kann derzeit immerhin eine Spitzenfrau vorweisen: Sabine Lautenschläger sitzt im Vorstand der Bundesbank und ist Vizepräsidentin.

Was weibliche Führungskräfte angeht, unterscheiden sich EZB und Bundesbank nur wenig von der gesamten Finanzbranche: der Frauenanteil insgesamt ist recht groß, aber in die Spitzenpositionen kommen nur ganz wenige. Das deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin erfasst jährlich die entsprechenden Daten. Das Fazit des jüngsten Berichts: „Die männliche Dominanz in Topentscheidungsgremien bleibt erdrückend.“ Demnach sind rund 60 Prozent der Beschäftigten im Finanzsektor weiblich – damit liegt der Anteil deutlich höher als bei den beiden Notenbanken. Doch von den insgesamt 407 zu vergebenden Vorstandspositionen der untersuchten 100 Banken und Sparkassen waren gerade mal 17 mit Frauen besetzt. Der Anteil liegt damit bei 4,2 Prozent. Den Vorsitz des Vorstands haben gerade mal drei Frauen ergattern können. Betrachtet man nur die öffentlich-rechtlichen Banken dann sieht es sogar noch trostloser aus. 96 Prozent der Vorstände waren Ende 2012 männlich.

Bei den großen Unternehmen sieht es freilich auch nicht besser aus, obwohl schon jahrelang in Politik und Wirtschaft über das Thema geredet wird: Ende 2012 waren im Topmanagement der 200 größten Unternehmen vier Prozent Frauen.