Die Sorge vor Handelskonflikten, die den weltweiten Konjunkturaufschwung abwürgen könnten, ist groß. Auch Europas Währungshüter beobachten die Entwicklung aufmerksam.

Frankfurt/Main - Die Europäische Zentralbank (EZB) hält sich angesichts wachsender Sorgen vor Handelskonflikten alle Optionen offen. Der EZB-Rat beließ bei seiner Zinssitzung am Donnerstag in Frankfurt den Leitzins im Euroraum wie erwartet auf dem Rekordtief von null Prozent. Zudem müssen Geschäftsbanken, die Geld bei der Notenbank parken, dafür weiterhin 0,4 Prozent Strafzinsen zahlen, wie die Währungshüter mitteilten.

 

Die EZB gab zunächst auch keinen weiteren Hinweis auf einen schrittweisen Ausstieg aus ihrer ultralockeren Geldpolitik. Beobachter hatten erwartet, dass sich EZB-Präsident Mario Draghi Zeit lassen wird, den nächsten Schritt anzudeuten. Denn Handelskonflikte könnten die wirtschaftlichen Aussichten für den Euroraum gefährden. Zudem deuten aktuelle Daten auf eine Konjunkturdelle zu Beginn der laufenden Jahres hin. Ökonomen rechnen aber nicht mit einem Ende des Aufschwungs.

Mit billigem Geld versucht die EZB seit Jahren, der Konjunktur auf die Sprünge zu helfen

Bei der Zinsentscheidung im März hatten die Währungshüter auf die zuletzt übliche Formulierung verzichtet, dass die Notenbank ihre milliardenschweren Anleihenkäufe ausweiten könnte, sollten sich die Rahmenbedingungen verschlechtern. Volkswirte werteten das als Signal zur Vorbereitung der Finanzmärkte auf ein Ende der Geldflut.

Im Oktober hatte die EZB ihr gewaltiges Kaufprogramm für Staats- und Unternehmensanleihen um neun Monate bis mindestens Ende September 2018 verlängert, das monatliche Volumen von Januar an aber auf 30 Milliarden Euro halbiert.

Mit viel billigem Geld versucht die EZB seit Jahren, der Konjunktur auf die Sprünge zu helfen und zugleich die Teuerung anzuheizen. Angestrebt wird Preisstabilität bei einer Teuerungsrate von knapp unter 2,0 Prozent - weit genug entfernt von der Nullmarke. Trotz eines leichten Anstiegs im März auf 1,3 Prozent ist Inflation im Euroraum weiterhin weit von diesem Ziel entfernt.

Mit steigenden Zinsen sollten Sparer aber frühestens 2019 rechnen

Mit Sorge betrachten die Währungshüter mögliche Folgen von Handelskonflikten, wie es sie derzeit vor allem mit den USA gibt. Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, hatte jüngst appelliert, keine neuen Handelsschranken aufzubauen: „Die internationale Zusammenarbeit hat uns über Jahrzehnte geholfen, mehr Fortschritt für mehr Menschen als jemals zuvor zu erreichen.“ Deshalb müsse diese fortgesetzt und nicht zurückgefahren werden.

Ökonomen erwarten, dass die EZB gegen Ende dieses Jahres ihre Wertpapierkäufe einstellen wird. Mit steigenden Zinsen sollten Sparer aber frühestens 2019 rechnen. Allerdings profitieren andererseits Kreditnehmer vom Zinstief. Auf konkretere Hinweise zum weiteren Kurs der Zentralbank hoffen die Experten bei den nächsten EZB-Sitzungen im Juni (14.6. in Riga) oder Juli (26.7. in Frankfurt).