Heike Paulus hat vor drei Jahren eine Facebook-Gruppe in Stuttgart gegründet, in der einsame Menschen in der Weihnachtszeit zusammen finden sollen. Heute ist sie bundesweit aufgestellt, lebt in Berlin und erzählt von ihrer Motivation und dem Konzept hinter dem Projekt.

Digital Desk: Sebastian Xanke (xan)

Stuttgart - Seit drei Jahren wächst sie stetig an: Eine Facebook-Gruppe aus Stuttgart, in der Menschen Gesellschaft finden sollen. Menschen, die sich einsam fühlen und von Heilig Abend an bis über die Feiertage zu Silvester hin Gesellschaft suchen. Ihr Name: „Weihnachten (nicht) allein“. Heike Paulus ist Gründerin der Gruppe, lebte sechs Jahre selbst in Stuttgart, mittlerweile aber „der Liebe wegen“ in Berlin. „Weihnachten ist sehr emotional aufgeladen“, sagt die 33-Jährige. Medien und Gesellschaft würden suggerieren, in der Zeit mit Familie oder Freunden zusammen sein zu müssen.

 

„Überall sieht man freundliche Gesichter unterm Tannenbaum.“ Alleinstehende Menschen empfinden die Weihnachtszeit deswegen häufig als besonders belastend. „Weihnachten (nicht) allein“ soll dem entgegenwirken.

„Im ersten Jahr waren es vielleicht etwa 100 Leute aus dem Raum Stuttgart und nur wenige Veranstaltungen“, sagt Paulus. „Im zweiten Jahr haben wir uns dann bundesweit geöffnet und weit mehr als 100 Veranstaltungen organisiert.“ Mittlerweile sei die Gruppe auf mehr als 3700 Mitglieder angewachsen. „Heute ist das neben meinem Vollzeitjob nicht mehr alleine zu schaffen“, so Paulus.

Gruppe soll Teufelskreis durchbrechen

Abzusehen war diese Entwicklung vor drei Jahren noch nicht. Denn eigentlich sei die Facebook-Gruppe „erst einmal ganz eigennützig“ entstanden. Die ersten Mitglieder von „Weihnachten (nicht) allein“: Heike Paulus und ein von ihr erstelltes Fake-Profil. „Man braucht immer zwei Profile, um eine Gruppe auf Facebook gründen zu können“, sagt die 33-Jährige und lacht. Doch wie kam Paulus dazu? „Es gab einen Trauerfall in meiner Familie und auf einmal war ich zur Weihnachtszeit das erste Mal alleine.“

Ein Freund habe ihr daraufhin angeboten, man könne doch „zusammen alleine sein“. Paulus sei der Satz lange im Gedächtnis geblieben. „Ich habe dann einen Aufruf gestartet, nach dem Motto ‚Wer will Weihnachten zusammen verbringen?’ und viele positive Zuschriften erhalten.“ Die Facebook-Gruppe sei dann – ausgehend von ihr und dem Fake-Profil – schnell angewachsen.

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Den Grund für das große Interesse im Netz sieht sie im gleichzeitig grundlegenden Problem für Einsame: „Menschen, die lange alleine oder einsam sind, verlieren nach und nach soziale Kompetenzen.“ Das sei ein Teufelskreis, der es schwierig mache, aus dem eigenen Leiden einen Ausweg zu finden. „Wir alle bewegen uns aber in der digitalen Welt, so ist der Zugang einfacher“, sagt Paulus. Sie habe für ihr Projekt deswegen keine traditionellen Veranstaltungen von sozialen Einrichtungen „in großen Hallen“ gewollt, sondern persönlichere Treffen bei jemandem Zuhause oder auf dem Weihnachtsmarkt.

Dating „ist nicht die Intention der Gruppe“

„Beim Thema Einsamkeit haben die Leute oft ein Altersheim im Kopf“, sagt Paulus. Das Klischee treffe bei ihrem Projekt nicht zu – der Altersdurchschnitt liege bei etwa Anfang 30. Veranstaltungen besucht hätten also bereits Teilnehmer im Alter von 18 bis 86 Jahren. Ganz klar sei außerdem: „Wir sind keine Single-Börse. Das ist nicht die Intention der Gruppe“, so Paulus. Wenn sich die Menschen im Rahmen der Facebook-Gruppe über die Weihnachtszeit treffen, sich gut verstehen und darüber hinaus Dinge unternehmen wollen würden, sei das aber natürlich auch schön. Weihnachten könne so als Türöffner in die Gesellschaft und gegen die Einsamkeit fungieren.

„Ich selbst bekomme dabei natürlich viele Schicksale mit“, sagt die 33-Jährige. „Die Menschen leben teilweise in der selben Stadt aber in ganz anderen Welten, unter ganz anderen Umständen.“ „Weihnachten (nicht) allein“ wolle diese Menschen auch in Zukunft zusammenbringen.

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