In zahlreichen Berufssparten fehlen Auszubildende. Ausbildungsbetriebe suchen händeringend nach Nachwuchs für ihr Unternehmen, doch passende Bewerber sind Mangelware. In welchen Branchen Azubis fehlen und weshalb, gibt es hier im Überblick.

Stuttgart – Die Zahl der Auszubildenden sinkt, während immer mehr junge Menschen studieren möchten. Im Jahr 2020 gab es erstmals mehr Erstsemesterstudierende als Neu-Azubis. Durch die Coronakrise wurde diese dramatische Entwicklung weiter verschärft, jedoch zeigt sich die Tendenz zur Akademisierung schon lange. Zahlreiche Berufe verschiedener Branchen suchen händeringend nach Auszubildenden für ihre Betriebe. Doch wo fehlen die meisten Azubis und woran liegt das?

 

Ausbildungsberufe mit Fachkräftemangel

Besonders betroffen von der drastischen Entwicklung der letzten Jahre sind vor allem kleine Betriebe mit weniger als 50 Beschäftigten. Meist bewerben sich die wenigen vorhandenen Anwärter bei größeren, bekannten Unternehmen. Die kleinen Betriebe gehen dann leer aus. Die Coronakrise hat den Markt zusätzlich geschwächt. Während der Pandemie wurde jede achte Lehrstelle nicht mehr angeboten. Besonders betroffen waren die Tourismusbranche und das Hotel- und Gaststättengewerbe.

In zahlreichen Berufssparten fehlen Auszubildende, während immer mehr junge Menschen studieren und sich für Studiengänge entscheiden, denen es nicht an Absolventen mangelt. Doch tatsächlich gibt es weniger Bewerber für Ausbildungsplätze als freie Lehrstellen. So kommen im Schnitt auf 100 freie Ausbildungsplätze nur 55 Bewerber. Doch trotzdem bleiben zahlreiche willige Auszubildende am Ende ohne Lehrstelle. Woran liegt das?

Nicht nur soziale Berufe: Gründe weshalb Betrieb und Bewerber nicht zusammenkommen

Doch weshalb bleiben viele Stellen unbesetzt und zahlreiche Anwärter für eine Ausbildung trotzdem ohne Stelle? Das hat verschiedene Gründe. In knapp der Hälfte aller Fälle geben Betriebe und Azubis an, dass sich eine der Parteien gegen die Option entscheidet. Entweder empfindet der Ausbildungsbetrieb den Bewerber als ungeeignet oder der Bewerber lehnt den Betrieb aufgrund seines Rufs oder anderen Gründen ab. Rund ein Drittel der Ausbildungsbetriebe gibt an, keine geeigneten Bewerbungen zu erhalten.

Dies gründet auf der demografischen Veränderung der alternden Gesellschaft und der zunehmenden Tendenz der Akademisierung. Ein weiterer Grund, weshalb Betriebe und Auszubildende nicht zueinanderfinden, ist fehlende Mobilität. Liegt der Betrieb zu weit entfernt vom Wohnort des Azubis, ist dieser in seiner Mobilität eingeschränkt und muss gegebenenfalls aus diesem Grund die Stelle ablehnen.

Handwerkliche Berufe: Das schlechte Image verschreckt Bewerber

Zahlreiche Branchen kämpfen mit einem veralteten, schlechten Image. Gerade handwerkliche Berufe, wie eine Zimmermann- oder Schreiner-Ausbildung, oder aber auch eine Ausbildung zum Fachverkäufer im Lebensmittelhandwerk oder zum Fleischer wehren sich gegen das schlechte Image, das ihnen anhaftet. Die Berufe haben sich gewandelt, neue Zeiten bringen neue Anforderungen und neue Aufgabenbereiche in traditionelle Berufe ein. Die Ausbildungen werden um neue Inhalte ergänzt, doch das wissen Schulabgänger nicht. Denn auch die Eltern sind nicht über die neusten Veränderungen in den Berufsbranchen informiert. So kämpft beispielsweise das Handwerk gegen den Ruf der körperlich harten und schlecht bezahlten Arbeit.

Mehr Studenten weniger Auszubildende

Doch wieso studieren immer mehr junge Menschen, anstatt einen Ausbildungsberuf zu ergreifen? Schon seit einigen Jahren ist der Trend hin zur Akademisierung zu erkennen. Immer mehr Kinder werden auf Gymnasien geschickt, immer mehr junge Erwachsene machen Abitur und gehen anschließend studieren. Zeitgleich wächst die Auswahl des Studienangebots. Jährlich kommen neue Studiengänge und Angebote hinzu, während die Zahl der Ausbildungsberufe sinkt.

Wo fehlen die meisten Azubis?

In zahlreichen Branchen fehlen Fachkräfte. Doch welche sind besonders stark betroffen? Im sozialen Bereich fehlen seit vielen Jahren nachrückende Auszubildende, so mangelt es nicht nur an studierten Berufen wie Lehrern, sondern auch an Erziehern und Pflegern. Im medizinischen Bereich ist seit Jahren die Rede vom Pflegekräftemangel, der besonders während der Coronakrise hitzig debattiert wurde. So fehlen in diesem Bereich auch Fachkräfte für die Arzt- und Praxishilfe, sowie Fachkräfte für Gesundheits-, Krankenpflege, Rettungsdienst, oder Geburtshilfe.

Neben der Krankenpflege herrscht auch in der Altenpflege Notstand, obgleich dieser Beruf, aufgrund der demografischen Veränderungen, als gesichert für die Zukunft gilt. Doch auch in anderen Branchen fehlen Auszubildende. So mangelt es an Fachpersonal für Fahrzeugführung im Eisenbahnverkehr. Auch im Bereich Bau, Architektur und Gebäudetechnik herrscht ein Mangel an Azubis. Ob Klempner, Sanitär-, Heizungs- oder Klimatechnik, Isolierung, Zimmerei oder Glaserei, das Handwerk sucht dringend Nachwuchs. Doch auch im Bereich IT suchen Betriebe Auszubildende.

Zeit zum Umdenken

Immer mehr junge Menschen wollen studieren, immer mehr junge Menschen kämpfen mit einem Studium, das sie nicht glücklich macht, denn nicht jeder ist theoretisch veranlagt. Die Gesellschaft ist angewiesen auf die praktisch veranlagten und begabten Menschen, die Freude am Handwerk haben. Viele Ausbildungsberufe befinden sich im Wandel und verfügen über neue Aufgaben und Lerninhalte, die mit der Zeit gehen. Ein prüfender Blick auf diese Berufe lohnt sich, bei der Suche nach der Antwort auf die Frage „Welche Ausbildung passt zu mir?“.