In Leinfelden-Echterdingen bleiben immer wieder Kita-Stellen unbesetzt. Um das Personalproblem – zumindest langfristig – zu lösen, ist die Kommune bereit, auch ungewöhnliche Wege zu gehen. Filderstadt geht den selben Weg.

Leinfelden-Echterdingen/Filderstadt - Erzieher und Erzieherinnen sind heiß begehrt und gleichzeitig Mangelware. Dass der Bewerbermarkt in diesem Bereich leer gefegt ist, weiß Manfred Kern, der Leiter des Amtes für Schulen, Jugend und Vereine in Leinfelden-Echterdingen, nur zu genau. „Früher hatten wir immer wieder auch Blindbewerbungen auf dem Schreibtisch“, sagt er in einem Gespräch mit unserer Zeitung. Seit zwei, drei Jahren komme das gar nicht mehr vor. Bei Bewerbungsgesprächen würde derweil immer öfter klar, dass die Kandidaten „mehrere Eisen im Feuer haben“. Absagen gibt es dann auch deshalb, weil es sich außerhalb des Stuttgarter Speckgürtels günstiger wohnen lässt, als in dieser Kommune.

 

In den Kitas von Leinfelden-Echterdingen sind pro Jahr im Durchschnitt sechs bis zehn Stellen nicht besetzt, heißt es dazu in einem Papier der Stadtverwaltung. „Die Fluktuation ist hoch“, sagt Kern, auch weil die oft jungen Kolleginnen selbst Kinder bekommen. Die Personalnot geht mittlerweile so weit, dass im Sternkinderhaus – Stand heute – eine für das kommende Kitajahr geplante neue Gruppe nicht in Betrieb gehen kann, obwohl dort Räume dafür vorhanden wären. „Eine solche Situation haben wir zum allerersten Mal“, sagt der Amtsleiter.

Um die Personalnot in den Kitas zumindest auf lange Sicht in den Griff zu bekommen, setzt die Stadt zunächst einmal verstärkt auf das Thema Praxisintegrierte Ausbildung (PIA). Die Stadt bildet also ihr Kita-Personal selbst aus und versucht es im Anschluss dann auch möglichst zu halten. Im Sommer 2022 wird der erste Lehrgang fertig sein.

Die Kommune ist mittlerweile auch bereit, bei der Personalgewinnung andere, ungewöhnlichere Wege zu gehen. In Zusammenarbeit mit dem Verein Bildungswerk der Baden-Württembergischen Wirtschaft und der Bundesagentur für Arbeit sowie im Schulterschluss mit der Nachbarkommune Filderstadt sollen für beide Kommunen jeweils bis zu acht Kita-Fachkräfte aus Spanien angeworben werden. Kostenpunkt: 40 000 Euro.

Die Fachkräfte werden voraussichtlich im September 2022 einreisen. „Die Anwerbephase in Spanien beginnt ein Jahr vorher“, informierte Karin Nagel vom Bildungswerk in einer Ausschusssitzung. Die Bewerbungsgespräche mit den jeweiligen Kita-Leitungen müssten wegen der Pandemie derzeit online stattfinden. Wenn die spanischen Erzieherinnen – meist sind es junge Frauen – dann in Deutschland angekommen sind, holen Mitarbeiter des Vereins sie vom Flughafen ab, zeigen ihnen, wo sie Einkaufen gehen können, und begleiten sie zu ihrem Arbeitgeber.

Auch junge Mütter zieht es nach Deutschland

„Wir hatten auch schon junge Mütter, bei denen dann das Kind und der Mann nachkamen“, sagte Gabriela Martinez, ebenfalls vom Verein Bildungswerk. Das Interesse, nach Deutschland zu gehen, scheint groß zu sein. „In diesem Jahr hatten wir 300 Bewerber.“ Zur Erklärung: Ähnliche Aktionen laufen auch schon in anderen Kommunen.

Die Spanierinnen absolvieren zunächst einen sechsmonatigen Sprachkurs, der nötige Anpassungslehrgang dauert zwölf Monate. Manfred Kern geht davon aus, dass die willkommene Verstärkung aus dem Ausland nicht vor 2023 in den Kitas der Stadt mit dem Arbeiten beginnen werde. Ingrid Krebs, bei der Stadt Leinfelden-Echterdingen zuständig für die Kinderbetreuung, sieht das Anwerben der spanischen Fachkräfte als Chance, auch wenn man zunächst nicht weiß, wer von ihnen im Anschluss in der Stadt bleiben wird und wer nicht. „Es ist wert, dies zumindest zu probieren“, sagte sie. Der zuständige Ausschuss gab hierzu grünes Licht. Ende Juli steht eine ähnliche Entscheidung in Filderstadt an.

Kita-Wartelisten sind lang

Derweil sind die Wartelisten auf einen Betreuungsplatz im Stadtgebiet von Leinfelden-Echterdingen lang. Im gesamten Stadtgebiet fehlen knapp 120 Plätze, wobei das Problem im Bereich der Kindergärten mittlerweile größer ist, als jenes im Kleinkindbereich. Insbesondere im Stadtteil Echterdingen gibt es Engpässe. Um dies zu ändern, will die Stadtverwaltung an verschiedenen Hebeln ansetzen.

So gibt es die Idee, Mehrzweckräume der Kitas zu zusätzlichen Gruppenräumen umzuwandeln. Möglicherweise wird eine Art Sportgruppe gebildet. Kinder einer Kita dürfen dann im Wechsel einmal pro Woche im Echterdinger Kulturforum turnen. Man überlegt auch, Gruppen – zeitlich befristet – überzubelegen. Das geht freilich nur bei ausreichend Personal.

Die Situation werde sich entspannen, ist Amtsleiter Manfred Kern überzeugt, wenn die neue Kita in den Schelmenäckern 2022 in Betrieb gegangen und der neue katholische Kindergarten St. Gabriel in Stetten fertig ist. Der Spatenstich für dieses Projekt war in diesem März. Man komme aber auch nicht umhin, auch die angedachte Kita im Gebiet Stangen zu bauen.

Wie ist die Situation in Filderstadt?

Die Stadt Filderstadt ist mit im Boot, wie Oberbürgermeister Christoph Traub und Bürgermeister Jens Theobaldt bestätigen. „Wir haben zusammen mit L.-E. das Thema aufgegriffen“, sagt Theobaldt, „weil wir stets nach Lösungsmöglichkeiten suchen, um dem Fachkräftemangel zu begegnen“. Das Anwerben von Menschen aus dem Ausland sei nur ein Mosaikstein, um das Problem zu lösen. Der Ablauf mit Sprachkursen und Anpassungslehrgang sei derselbe wie in Leinfelden-Echterdingen.

Während der Ausschuss in L.-E. das Projekt bereits beschlossen hat, steht diese Entscheidung in Filderstadt noch an. „Im Juli wollen wir dem Gemeinderat den Vorschlag unterbreiten“, erklärt Jens Theobaldt. Er betont, dass es sich um Fachkräfte handele: „Die Erzieher aus Spanien haben bereits eine fachliche Ausbildung, die hier lediglich anerkannt werden muss.“