Es ist Kaffeezeit im Seniorenheim. Die Pflegekräfte haben die Bewohner aus ihren Betten geholt und an die Tische gebracht. Jeder ein Stück Apfelkuchen und eine Tasse Kaffee. Die Gespräche kommen nur schleppend in Gang. Zsuzsanna Ombovarine hat sich hinter die Theke zurückgezogen und den Medikamentenschrank aufgeschlossen. Die ungarische Pflegekraft füllt Tabletten und Säfte in Plastikbecher. Beruhigungstabletten für die Schlechtschläfer, Betablocker für die Herzkranken, Stimmungsaufheller für die Depressiven, Neuroleptika für die Dementen. „Ich bin zufrieden mit meinem Job“, sagt die Ungarin. Klagen über die harte körperliche Arbeit in einem Pflegeheim wird man von ihr nie hören. Ihr Vergleich sind die Arbeitsbedingungen in der Psychiatrie von Szombathely, einer Stadt nahe der Grenze zu Österreich. „Dort hat es an allem gefehlt, keine Pfleger, keine Handtücher, keine Seife, kein Lohn. Und auch in Ungarn wollen Patienten und Angehörige immer das Beste.“ Das Sprachproblem, das der Ungarin den Einstieg schwer gemacht hat, lässt sich lösen. Der ASB hat dazugelernt: Die neu angeworbenen Spanier absolvieren bereits in ihrer Heimat einen Deutschkurs.
„Was kann man auf dem Wochenmarkt kaufen?“ Die Deutschlehrerin Helga Benthien muss nicht lange auf eine Antwort warten. Die acht portugiesischen Pflegefachkräfte, die seit Anfang Mai beim Internationalen Bund in Stuttgart Deutsch lernen, zählen eifrig auf: Karotten, Salat, Äpfel. Und immer findet sich einer, der nebenbei für die anderen übersetzt. Vom Markt geht es weiter in die Metzgerei. Die Bockwurst malt Benthien an die Tafel und beim Hühnerfleisch, als sie nicht sicher ist, ob alle verstanden haben, fängt sie kurz an zu gackern. Die Atmosphäre in dem Klassenzimmer an der Hauptstätter Straße in Stuttgarts Mitte ist konzentriert und vergnügt zugleich.
Erst mal Vokabeln lernen: die Portugiesin Ana Diaz will Ende des Jahres ihren neuen Arbeitsvertrag in einem Pflegeheim unterschreiben. Steinert
Pflegekraft Fernando Alexandre Silvan Gomez aus Portugal beim Sprachkurs in Stuttgart.Steinert
Die nächste Anwerbeaktion in Spanien
Bernhard Schneider von der Heimstiftung plant schon die nächste Anwerbeaktion. „Die spanische Botschaft hat angerufen und uns eine Kooperation angeboten.“ Die Heimstiftung brauche künftig jedes Jahr 60 zusätzliche Pflegefachkräfte, die Zuwanderer seien ein Baustein, um den Bedarf zu decken. Aber nur einer: „Wir bilden verstärkt aus und werben für den Wiedereinstieg von Frauen.“ Andere Träger wie die Caritas in Stuttgart dringen darauf, den Zugang auch für Pflegefachkräfte aus Nicht-EU-Ländern zu erleichtern.
Zsuzsanna Ombovarine kann über das Zuwanderungsrecht nicht klagen, sie hat inzwischen ihre Familie nach Detuschland nachgeholt. Die jüngste Tochter hat den Sprung in die reguläre Klasse der Schwabschule geschafft, der Älteste hat eine deutsche Freundin, nur den Zweitjüngsten plagt das Heimweh. Er hat seinen Frust in Kilogramm umgesetzt und ist jetzt in einer Jumbo-Gruppe mit anderen Kindern. „In Ungarn würde sich niemand um die Befindlichkeit eines dicken Kindes kümmern, in Deutschland schon.“
Bewerbungsgespräche im Hotel in Budapest
Auf eine Initiative der Arbeitsagentur wollte beim ASB niemand warten. „Wir haben vor allem im ländlichen Raum Einrichtungen, die wir nicht voll belegen können, weil wir keine Pflegefachkräfte finden. Das ist für uns eine wirtschaftliche Katastrophe“, sagt Marcus Mehlhose, der Personalleiter des ASB-Landesverbandes. Der Träger suchte sich deshalb im vergangenen Jahr einen ungarischen Personalvermittler, mietete Konferenzräume in einem Hotel in Budapest und lud zu Bewerbungsgesprächen. Allerdings kehrte schon in Budapest Ernüchterung ein: „Wir wollten die Gespräche auf Deutsch führen, haben aber schnell einen Dolmetscher eingeschaltet“, erzählt der stellvertretende Landesgeschäftsführer Daniel Groß.
Die ASB-Verantwortlichen hatten mit guten Deutschkenntnissen gerechnet, weil in Ungarn Deutsch als Pflichtfach unterrichtet wird. Trotzdem wurden die Angeworbenen bereits nach einem dreiwöchigen Deutschkurs in den Heimen eingesetzt, der Sprachunterricht wurde auf den Feierabend gelegt. Christine Kellner, die Leiterin des Seniorenzentrums am Birkenwald, in dem vier Ungarn arbeiten, räumt ein, dass es anfangs viele Beschwerden von Angehörigen und Bewohnern gegeben habe. „Inzwischen haben fast alle die nötige Sprachprüfung abgelegt“, versichert Kellner.
Alles ist besser als in der Psychiatrie in Ungarn
Es ist Kaffeezeit im Seniorenheim. Die Pflegekräfte haben die Bewohner aus ihren Betten geholt und an die Tische gebracht. Jeder ein Stück Apfelkuchen und eine Tasse Kaffee. Die Gespräche kommen nur schleppend in Gang. Zsuzsanna Ombovarine hat sich hinter die Theke zurückgezogen und den Medikamentenschrank aufgeschlossen. Die ungarische Pflegekraft füllt Tabletten und Säfte in Plastikbecher. Beruhigungstabletten für die Schlechtschläfer, Betablocker für die Herzkranken, Stimmungsaufheller für die Depressiven, Neuroleptika für die Dementen. „Ich bin zufrieden mit meinem Job“, sagt die Ungarin. Klagen über die harte körperliche Arbeit in einem Pflegeheim wird man von ihr nie hören. Ihr Vergleich sind die Arbeitsbedingungen in der Psychiatrie von Szombathely, einer Stadt nahe der Grenze zu Österreich. „Dort hat es an allem gefehlt, keine Pfleger, keine Handtücher, keine Seife, kein Lohn. Und auch in Ungarn wollen Patienten und Angehörige immer das Beste.“ Das Sprachproblem, das der Ungarin den Einstieg schwer gemacht hat, lässt sich lösen. Der ASB hat dazugelernt: Die neu angeworbenen Spanier absolvieren bereits in ihrer Heimat einen Deutschkurs.
„Was kann man auf dem Wochenmarkt kaufen?“ Die Deutschlehrerin Helga Benthien muss nicht lange auf eine Antwort warten. Die acht portugiesischen Pflegefachkräfte, die seit Anfang Mai beim Internationalen Bund in Stuttgart Deutsch lernen, zählen eifrig auf: Karotten, Salat, Äpfel. Und immer findet sich einer, der nebenbei für die anderen übersetzt. Vom Markt geht es weiter in die Metzgerei. Die Bockwurst malt Benthien an die Tafel und beim Hühnerfleisch, als sie nicht sicher ist, ob alle verstanden haben, fängt sie kurz an zu gackern. Die Atmosphäre in dem Klassenzimmer an der Hauptstätter Straße in Stuttgarts Mitte ist konzentriert und vergnügt zugleich.
Erst mal Vokabeln lernen: die Portugiesin Ana Diaz will Ende des Jahres ihren neuen Arbeitsvertrag in einem Pflegeheim unterschreiben. Steinert
Pflegekraft Fernando Alexandre Silvan Gomez aus Portugal beim Sprachkurs in Stuttgart.Steinert
Die nächste Anwerbeaktion in Spanien
Bernhard Schneider von der Heimstiftung plant schon die nächste Anwerbeaktion. „Die spanische Botschaft hat angerufen und uns eine Kooperation angeboten.“ Die Heimstiftung brauche künftig jedes Jahr 60 zusätzliche Pflegefachkräfte, die Zuwanderer seien ein Baustein, um den Bedarf zu decken. Aber nur einer: „Wir bilden verstärkt aus und werben für den Wiedereinstieg von Frauen.“ Andere Träger wie die Caritas in Stuttgart dringen darauf, den Zugang auch für Pflegefachkräfte aus Nicht-EU-Ländern zu erleichtern.
Zsuzsanna Ombovarine kann über das Zuwanderungsrecht nicht klagen, sie hat inzwischen ihre Familie nach Detuschland nachgeholt. Die jüngste Tochter hat den Sprung in die reguläre Klasse der Schwabschule geschafft, der Älteste hat eine deutsche Freundin, nur den Zweitjüngsten plagt das Heimweh. Er hat seinen Frust in Kilogramm umgesetzt und ist jetzt in einer Jumbo-Gruppe mit anderen Kindern. „In Ungarn würde sich niemand um die Befindlichkeit eines dicken Kindes kümmern, in Deutschland schon.“