Die Bundesregierung wirbt um ausländische Fachkräfte. Der Standort Deutschland ist auch sehr begehrt. Doch die Bürokratie mache Bewerbern wie Arbeitgebern das Leben schwer, klagt der Klinikverbund Südwest.

Leonberg/Sindelfingen - Zielstrebigkeit zeichnet Marija Miljkovic aus. Die junge Serbin hat in ihrer Heimat ein Studium der Krankenpflege absolviert. Doch einen Job fand sie nicht. „Dafür müsste ich mindestens 5000 Euro zahlen“, erzählt die 21-Jährige. Korruption sei bei der Vergabe von Arbeitsplätzen gang und gebe. Das große Ziel der jungen Serbin deshalb: in einem deutschen Krankenhaus zu arbeiten. Eigentlich kein Problem. Händeringend suchen die Kliniken hierzulande Fachkräfte. Der deutsche Arbeitsmarkt ist leer gefegt, Krankenpfleger aus dem Ausland sind heiß begehrt. Vermittlungsagenturen haben sich darauf spezialisiert, die Fachkräfte nach Deutschland zu bringen.

 

Auch Marija Miljkovic wandte sich an eine solche Agentur in ihrer Heimat. Zielstrebig ging sie ihr persönliches Projekt ab. Innerhalb von sechs Monaten lernte sie Deutsch bis zum B 1-Level – die Anforderung deutscher Krankenhäuser an ihre Mitarbeiter. Doch dann begann das große Warten. Sieben Monate dauerte es, bis die Deutsche Botschaft ihr Visum fertig hatte. Die ganze Zeit saß Marija Miljkovic auf gepackten Koffern, bereit zum Abflug. Und ihr neuer Arbeitgeber – das Leonberger Krankenhaus des Klinikverbunds Südwest, wartete ebenfalls, dass die dinglichst benötigte Pflegerin endlich eintrifft.

Warten auf die Urkunde des Regierungspräsidiums

Die Bürokratie ist ein Riesenproblem“, klagt Elvira Schneider, die Pflegedirektorin des Klinikverbunds. „Wir wissen nicht, wann unsere neuen Mitarbeiter bei uns eintreffen. Das macht unsere Planung sehr schwer.“ Und sie berichtet von einem Pfleger aus Albanien, der seit mehr als einem Jahr auf sein Visum warte.

Sind die Pflegekräfte endlich in Deutschland, können sie aber noch nicht gleich eingesetzt werden. Fachkräfte aus Nicht-EU-Ländern müssen zunächst ein dreimonatiges bis einjähriges Praktikum mit einer Anerkennungsprüfung machen. Auch dies hat die junge Serbin innerhalb von drei Monaten mit Bravour gemeistert. Doch jetzt wartet sie auf die Anerkennungsurkunde des Regierungspräsidiums. „Erst dann dürfen wir sie als vollwertige Pflegerin einsetzen, momentan arbeitet sie als Pflegehelferin“, sagt Schneider. Sie setzt sehr auf das neue Fachkräfteinwanderergesetz, das am 1. März in Kraft treten und das Prozedere für Arbeitsvisum und die Anerkennung von Berufsabschlüssen vereinfachen soll. „Ich hoffe sehr, dass dann alles schneller geht.“

Marija Miljkovic ist trotz der bürokratischen Hindernisse sehr froh, den Schritt nach Deutschland gewagt zu haben. „Seit vier Monaten lebe ich hier. Ich habe sehr nette Kollegen im Krankenhaus und auch schon Freunde gefunden“, erzählt die 21-Jährige. Trotz Heimwehs – sie sieht ihre Zukunft in Deutschland. „In Serbien ist die Arbeit in den Kliniken sehr chaotisch, hier ist alles sehr gut organisiert und strukturiert“, sagt sie.

Neue Pflegekräfte von den Philippinen

Weil mittlerweile selbst in Europa die Pfleger knapp werden, hat sich der Klinikverbund entschlossen, auch in Übersee nach Fachkräften zu suchen. Auf den Philippinen leben viele gut ausgebildete Pfleger und warten auf eine Chance. Mit 20 Personen hat der Klinikverbund einen Vertrag geschlossen, neun sind bereits da, elf warteten noch auf ein Visum, berichtet Yvonne Krebs vom Personalbüro des Klinikverbunds Südwest.

Eine von denen, die es bereits geschafft haben, ist Bethyline Lim. Seit Anfang Dezember arbeitet die 25-Jährige als Pflegehelferin auf der Intensivstation des Leonberger Krankenhauses. In fließendem Deutsch berichtet sie von ihren ersten Eindrücken. „Die Arbeit hier ist ähnlich wie bei uns“, meint Lim, die auch auf den Philippinen Intensivschwester war. „Aber hier sind die Arbeitsbedingungen besser.“ So sei eine Schwester in Leonberg für zwei bis drei Intensivpatienten verantwortlich, auf den Philippinen für bis zu sechs.

Interkulturelle Workshops für die Pfleger

Die kulturellen Unterschiede zwischen der Heimat von Bethyline Lim und Deutschland sind hingegen sehr groß. Damit die Integration der neuen Mitarbeiter schnell gelingt, organisiert der Klinikverbund interkulturelle Workshops – und zwar für die philippischen Mitarbeiter, aber auch für deutsche Kollegen. „Die Filipinos sind sehr zurückhaltend, äußern keine Kritik. Das müssen deutsche Stationsleiter wissen, damit es keine Missverständnisse gibt“, sagt Schneider. Bethyline Lim ist zuversichtlich, dass ihr die Integration gelingt. Probleme hat sie vor allem mit dem deutschen Winter.