Das historische Gebäude in Münchingen wurde acht Monate lang saniert. Die Bürger können jetzt zum Beispiel schöner heiraten. Bei der Modernisierung lief nicht alles rund.

Korntal-Münchingen - Die Zahlen sind stattlich. 550 Quadratmeter Wände wurden neu verputzt, sieben Kilometer Kabel verlegt, 21 neue Brandschutztüren eingebaut, insgesamt eineinhalb Tonnen Material verarbeitet – alles für rund 1,4 Millionen Euro: Nach der Sanierung erstrahlt das Münchinger Rathaus in neuem Glanz. Die Hälfte der Kosten bezahlt das Land im Rahmen eines Sanierungsprogramms. Zuletzt wurde das Rathaus Mitte der 1950er Jahre umgebaut.

 

Während das historische Fachwerk gut acht Monate lang dicht war für Mitarbeiter und Bürger, haben Handwerker die Elektro- und EDV-Anlagen ebenso erneuert wie den Brandschutz auf den neuen Stand gebracht, eine neue Heizungsregelung und eine neue Technikzentrale eingebaut. Alte Balkenkonstruktionen wurden sichtbar gemacht und aufgearbeitet. Auch wurden frühere, im Putz verborgene Farben bewusst aufgenommen. „Viele Vorteile der Sanierung sind für die Bürger nicht augenscheinlich“, sagt der Leiter des Fachbereichs Hoch- und Tiefbau, Alexander Bagnewski. Doch sie trügen zu mehr Effizienz und zur Modernisierung bei.

Manch böse Überraschung tauchte auf

Dagegen haben sich Sitzungssaal und Trauzimmer offensichtlich verändert: Beide Räume sind heller und freundlicher. Im Sitzungssaal ist die dunkle Vertäfelung unter den Fenstern entfernt. Parallel zum Stuck gibt es eine neue Lichtanlage mit LED-Leiste, der historische Kronenleuchter wurde saniert. Das Trauzimmer ist ins Erdgeschoss gezogen, dorthin, wo früher der Bürgerservice war, es erhielt moderne Deckenleuchten und Parkettboden. „Das alte Gebälk wurde schön herausgearbeitet und sorgt nun für Flair des alten Rathauses“, sagt Alexander Bagnewski.

Bei der Sanierung stießen die Arbeiter auf manch’ böse Überraschung: So waren Bodenbeläge asbesthaltig und mussten daher raus, ebenso wie nicht atmungsaktiver Putz. Die denkmalgeschützten Türen aus den 1950er Jahren ließen sich nicht einfach austauschen, sondern mussten entsprechend erneuert werden. „Auch beim Geländer gab es Vorschriften hinsichtlich der Sicherheit, was zu Mehrkosten führte“, sagt Bagnewski. Die unvorhergesehenen Arbeiten verteuerten die Sanierung um rund 350 000 Euro und verzögerten sie um etwa einen Monat.

In Größe und Gestalt von der Kelter bestimmt

Die früheste urkundliche Erwähnung des Rathausbaus findet sich laut dem Stadtarchivar Alexander Brunotte in einer Pergamenturkunde von 1541.

Im Dreißigjährigen Krieg – 1643 – fiel der Rathausbau einem Brand zum Opfer. „Lange Zeit begnügte man sich mit einem umfunktionierten Bürgerhaus als Provisorium“, sagt Brunotte. Die steigende Bevölkerungszahl habe einen Neubau schließlich unumgänglich gemacht. „Für die Gemeinde war das ein finanzieller Kraftakt“, sagt der Archivar, sie habe sich vergeblich um staatliche Gelder bemüht. 1686/1687 stemmte die Gemeinde den Bau mit eigenen Mitteln und unter Fronarbeit der Einwohner. Das Erscheinungsbild des Gebäudes, sagt Brunotte, habe sich seither durch wiederholte Umbauten gewandelt.

Das Gebäude werde in Größe und Gestalt bis heute von der Kelter bestimmt, die ursprünglich im Erdgeschoss untergebracht war – errichtet im Jahr 1541 als herrschaftliche Bannkelter. „Zwei mächtige, aus gepackten Eichenbalken bestehende Kelterbäume mussten Platz finden“, so Brunotte. Die Münchinger Weinbauern seien verpflichtet gewesen, ihre Trauben dort pressen zu lassen. 1931 wurde die Keltereinrichtung aus dem Rathaus entfernt – die Bedeutung des lokalen Weinanbaus schwand zunehmend.