Die Diskussion um die erneuten Mehrkosten beim Fahrrad-Parkhaus am Fellbacher Bahnhof wird im Gemeinderat von großer Verärgerung über handwerkliche Fehler bei der Planung begleitet. Trotzdem wird das auf der Zielgeraden fehlende Geld bewilligt.

Rems-Murr: Sascha Schmierer (sas)

Fellbach - Mit deutlicher Kritik an der Bauverwaltung im Rathaus hat die Fellbacher Lokalpolitik auf die neuerliche Kostensteigerung beim umstrittenen Fahrrad-Parkhaus am Bahnhof reagiert. In der Sitzung des Gemeinderats am Dienstag war beim Rückblick auf die Planungsgeschichte des 16 Meter hohen Bike-Towers quer durch die Fraktionen von einem „großen Ärgernis“ die Rede, teilweise bemängelten die Bürgervertreter auch schlicht handwerkliche Fehler.

 

Das Pilotprojekt war als nahverkehrspolitischer Paukenschlag zur Gartenschau gedacht

Besonders bemerkenswert war die Deutlichkeit, mit der sich Oberbürgermeisterin Gabriele Zull von dem Projekt, aber auch von ihrer Baudezernentin Beatrice Soltys distanzierte. „Aus diesem Vorgang müssen wir lernen. Ich möchte nicht mehr erleben, dass Projekte auf diese Art und Weise laufen“, stellte die Rathaus-chefin klar. Neben den von der ersten Idee bis zur Fertigstellung deutlich erhöhten Kosten für das Fahrrad-Parkhaus mahnte die Oberbürgermeisterin in der Stellungnahme auch den zeitlichen Verzug beim Bike-Tower an. Obwohl das Pilotprojekt als nahverkehrspolitischer Paukenschlag zum Auftakt der Remstal-Gartenschau gedacht war, kann die Testphase für den Probebetrieb erst jetzt mit gut eineinhalb Jahren Verspätung beginnen. Verzögert hatte sich die Fertigstellung des Bike-Towers vor allem wegen offener Fragen zur Gewährleistung bei Schäden an Paternoster-Technik und Fassade. Auch die Entwicklung einer Smartphone-App für den digitalen Zugang kostete deutlich mehr Zeit als kalkuliert. „Wir müssen mehr darauf achten, dass die Dinge dann auch zusammen funktionieren“, blickte Zull auf die Planungszeit zurück.

Massive Kritik aus der Bürgerschaft über die Baukosten

Bereits in der Vergangenheit war die OB von dem Projekt abgerückt – nicht zuletzt wegen der massiven Kritik aus der Bürgerschaft über die Baukosten. Die belaufen sich wie berichtet mittlerweile auf annähernd 1,2 Millionen Euro, jeder der 76 Abstellplätze in den Fahrradboxen schlägt mit 15 500 Euro aus Steuermitteln zu Buche. Mehr soll es nicht mehr werden, obwohl es sich nach wie vor um einen Nettopreis handelt: Weil der Betrieb über die Stadtwerke-Tochter WDF abgewickelt werden soll, fällt nach Auskunft aus dem Rathaus wohl auch keine Vorsteuer an. Dennoch sprach Ulrich Lenk für die FW/FD von einem „unschönen Nachgeschmack“. Die Stadt habe bei dem Pilotprojekt viel Lehrgeld bezahlt – zumal sich ja noch erweisen müsse, „ob das hochgepriesene Paternoster-System tatsächlich so komfortabel ist wie versprochen“.

Für die SPD bezeichnete Andreas Möhlmann das Fahrrad-Parkhaus als „inhaltlich nach wie vor richtigen Schritt“, ärgerlich seien aus seiner Sicht vor allem handwerkliche Fehler wie etwa das in der Kalkulation vergessene Baugerüst. Ähnlich äußerte sich Beate Wörner für die Grünen: „Vielleicht sind wir alle zu blauäugig an das Projekt herangegangen“, sagte sie.

Der Bike-Tower soll voraussichtlich zum Jahresende in Betrieb gehen

Nicht für die Übernahme der überplanmäßigen Kosten wollten große Teile der CDU- Fraktion stimmen. Jörg Schiller wies zur Begründung darauf hin, dass bei Fahrrad-Parkhäusern weitaus günstigere Systeme auf dem Markt seien und mahnte neben der Kostenexplosion die Wildnis auf dem Hang zum Bahngleis an. Sein Fraktionskollege Erich Theile sprach von „schöngerechneten“ Kosten und „sträflichen“ Fehlern. „Das darf einer Bauverwaltung nicht passieren“, merkte er an.

Die kritisierte Baudezernentin kündigte an, dass der Bike-Tower voraussichtlich zum Jahresende in Betrieb gehen könne und verwies auf eine Beratungsvorlage, in der die Gründe für die erneute Kostensteigerung ausführlich dargestellt sind. „Wir haben auch verwaltungsintern alle Dinge aufgearbeitet“, stellte Beatrice Soltys fest. Auch erinnerte die Baudezernentin an die Argumente, weshalb sich die Stadt seinerzeit für die technisch robuste Paternoster-Technik und eine auch über die Polygo-Card des Verkehrsverbunds funktionierende Automatik entschieden habe. Für ein Fahrrad-Parkhaus nach Waiblinger Vorbild habe am Rand des Bahndamms schlicht der Platz gefehlt. Das etwa in Rutesheim im Kreis Böblingen verwendete Modell löse bei den Benutzern nach wie vor Beschwerden über die Wartezeit aus.