Fahrraddiebstähle nehmen bundesweit zu. Zeit, für einen guten Schutz: Doch wie sichert man sein Rad? Und wann springt bei Verlust eine Versicherung ein? Experten haben beide Maßnahmen gegen den Fahrradklau geprüft.

Berlin/Stuttgart - Der Mensch ist gerne mobil. Was hat er sich nicht schon alles einfallen lassen, um ein bisschen schneller vorwärtszukommen als nur mit Hilfe seiner Beine? Das Fahrrad beispielsweise, 1817 von Karl von Drais erstmals präsentiert, ist immer noch ein beliebtes Fortbewegungsmittel – leider auch bei Dieben, wie die Kriminalstatistik zeigt: Im Jahr 2016 erbeuteten Diebe in Baden-Württemberg rund 28 700 Räder. Das sind rund 300 mehr als im Jahr 2015. Und sie hatten in vielen Fällen leichtes Spiel: „Viele Räder sind nicht abgeschlossen“, sagt ein Polizeisprecher. Dabei halte ein Schloss viele Diebe ab.

 

Nur 9 von 20 Schlössern hielten den Aufbruchversuchen Stand

Doch nicht jedes im Geschäft angebotenen Fahrradschloss ist auch wirklich sicher. Das zeigt gerade ein aktueller Test der Stiftung Warentest: Für ihre Untersuchung versuchten Profis in drei Minuten jeweils ein Fahrradschloss zu knacken – ganz egal ob mit Bolzenschneider, Säge oder mit Picking-Methoden, bei denen das Schloss mit Hilfe von Werkzeug aufgesperrt wird. „Es handelte sich dabei um eine Auswahl von 20 Bügel-, Ketten-, Falt- und Panzerkabelschlössern in der Preisklasse zwischen 20 und 160 Euro“, sagt der Projektleiter Hans-Peter Brix.

Das Fazit: Nur 9 der 20 Schlösser hielten den Aufbruchversuchen Stand. „Insbesondere Schlösser aus gehärtetem Stahl sowie einer stabilen Konstruktion waren selbst mit dem Bolzenschneider schwer zu knacken“, sagt Brix. Für den Projektleiter sind daher Bügelschlösser die erste Wahl. Im Test lagen daher auch die Marken Trelock, Kryptonite, BTwin und Decathlon vorne. Allerdings sind diese Schlösser etwas sperrig und nicht so flexibel einsetzbar.

Kettenschlösser sind sicher – aber teuer und schwer

Alternativ gibt es die Kettenschlösser, die von den Warentestern mit „gut“ bewertet wurden – etwa das Modell Abus Granit City-Chain X Plus 1060. Doch diese Sicherheit hat einen hohen Preis: So kostet das Schloss 160 Euro und wiegt überdies um die zweieinhalb Kilo. Weshalb viele Radfahrer zu den Faltschlössern greifen: Doch die sind nicht so sicher, sagt Brix. Viele wirken stabiler als sie sind, weil viel Kunststoff und wenig Stahl verarbeitet wurde. Mittelmäßig schnitten Panzerkabelschlösser ab: Ist die Stahlummantelung einmal durchtrennt, ist auch das Drahtseil im Kern kein großes Hindernis mehr.

Schadstoffe in Fahrradschlössern gefährden den Radler

Hinzu kommt, dass sich in den verarbeiteten Kunststoffen häufig Schadstoffe finden. Und die sind nach Meinung der Warentester nicht zu unterschätzen: Schließlich müssen Radler ihr Fahrradschloss immer wieder anfassen. Und diese krebserregende und teils fruchtbarkeitsschädigenden Weichmacher und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffverbindungen können über die Haut aufgenommen werden.

Eine Sicherung ist nicht nur an sehr belebten Orten wie dem Bahnhof wichtig: Auch aus Fahrradschuppen werden Räder entwendet, heißt es in der Kriminalstatistik Baden-Württemberg. Und ist das Fahrrad geklaut, bleibt es in den meisten Fällen weg: Nur etwa jeder 13. Fall wurde 2016 aufgeklärt. Da kann nur noch eine gute Versicherung über den Verlust hinwegtrösten.

Hausratversicherung oder Extra-Fahrrad-Police?

Zwar sind Fahrräder normalerweise über die Hausratversicherung mitversichert. Das bedeutet aber: „Das Rad muss zum Zeitpunkt des Diebstahls in der Wohnung oder in einem abgeschlossenen Keller gestanden haben“, sagt Annegret Jende von der Stiftung Warentest. Steht das Rad aber im Hof oder am Bahnhof, greift die Versicherung nur, wenn der Besitzer den Fahrradschutz beim Hausratversicherer vertraglich vereinbart hat.

Ob diese ausreicht oder sich eine spezielle Fahrradversicherung lohnt, darüber gibt die Stiftung Warentest keine Auskunft. „Solche Extra-Policen können dann sinnvoll sein, wenn der Radler in einer Stadt mit hohem Diebstahlrisiko wohnt“, sagt Jende, die für die Augustausgabe der Zeitschrift „Finanztest“ Fahrradversicherungen geprüft hat. Denn bei vielen Hausratversicherungen, die einen Zusatzschutz bei Fahrraddiebstahl außerhalb der eigenen vier Wände anbieten, steigt die Gebühr mit dem polizeilich festgestellten regionalen Diebstahlrisiko.

Fahrradversicherung greift auch bei Vandalismus oder Unfälle

Eine Spezial-Versicherung kann sich aber auch aus anderen Gründen lohnen, sagt Jende. „Sie leistet nicht nur nach Diebstahl und Raub Ersatz, sondern auchbei Schäden durch Vandalismus, Stürze oder Unfälle. Bei einigen Tarifen für E-Bikes sind Elektronik- und Feuchtigkeitsschäden beim Akku abgedeckt. Empfehlenswert sind bei 500 Euro teuren Rädern etwa die Bike-Assekuranz Sofortschutz von P & P Pergande & Pöthe für 46 Euro im Jahr. Nach einem Diebstahl erhält man ein Ersatzrad bei zehn Prozent Selbstbeteiligung. Für E-Bikes, die um die 2500 oder 4000 Euro gekostet haben, sind die Tarife Protect-a-bike von Derby Cicle für 66 Euro oder 100 Euro gut. Gut ist auch der unbefristete Vollkaskoschutz von Krist. Hier gibt’s im Schadensfall schnell Geld.

Damit aber der Versicherer bei Diebstahl zahlt, sollte umgehend Anzeige bei der Polizei erstattet werden. Die schriftliche Anzeige sowie sämtliche Rechnungen für Fahrrad, Schloss und Reparaturen sollte man dann dem Versicherer übermitteln, raten Annegret Jende und Hans-Peter Brix. Die Abwicklung geht dann aber recht rasch, weiß Jende von einer Kollegin: Als deren Sohn das Rad gestohlen wurde, durfte er sich innerhalb weniger Tage beim Händler ein neues aussuchen.

Eine Übersicht zu den getesteten Tarifen und Fahrradschlössern gibt es im Netz, www.test.de